Post verteilt (zu) viele «Böttu» zu spät

Der Willisauer Bote erhält in den letzten Monaten vermehrt Rückmeldungen von Leserinnen und Lesern, die über eine (zu) späte Zustellung der Zeitung klagen. Doch der Verlag ist auf einen guten Service public der Post angewiesen, damit seine Abonnentinnen und Abonnenten bis spätestens 12.30 Uhr den «Böttu» erhalten.

Zeitig die Zeitung erhalten? Immer häufiger erhält der Willisauer Bote Rückmeldungen von Abonnentinnen und Abonnenten, die über eine sehr späte Zustellung der Zeitung durch die Post klagen. Symbolbild Norbert Bossart
Norbert Bossart

«Lieber Willisauer Bote, nach jahrelanger Treue bestelle ich ihre Zeitung ab. Dies, obwohl mir der ‹Böttu› ans Herz gewachsen ist und ich die seine breite Berichterstattung schätze», schreibt ein langjährigerer Abonnent und begründet: «Grund für meine Abo-Kündigung sind nicht die redaktionellen Leistungen, sondern die immer spätere Postzustellung.» Solche und ähnliche Rückmeldungen haben sich in den letzten Monaten beim Verlag SWS gehäuft. Weiter bitten immer häufiger Leserinnen und Leser den Verlag, bei der Post vorstellig zu werden und mit Nachdruck für eine frühere Zustellung der Zeitung zu weibeln. Die meisten von ihnen wohnen nicht etwa abseits, sondern mitten in Dorfzentren. So teilte beispielsweise ein Wiggertaler Restaurant der Redaktion mit, der WB und die Briefpost würde meist erst im Verlaufe des Nachmittags eintreffen, manchmal gar nach 16 Uhr. Dies sei sehr mühsam. Ob am Znüni-Stamm, beim Mittagessen oder beim Nachmittagscafé: «Immer und immer wieder erkundigen sich Gäste, ob sie den ‹Böttu› lesen können – es sei aber keiner im Zeitungshalter zu finden», berichtet die Serviceangestellte des erwähnten Betriebs und fügt an: «Meist ist dann für das Gastropersonal eine zeitaufwendige und dennoch erfolglose Pendelei zum Briefkasten die Folge.»


Willisauer Bote lancierte Befragung

Solche vermehrte Rückmeldungen von (zu) späten Postleistungen bewogen den Verlag SWS eine Umfrage über die Zustellzeit des Willisauer Bote zu lancieren. Damit wollte die Geschäftsleitung in Erfahrung bringen, um welche Zeit der Willisauer Bote den Leserinnen und Lesern von der Post zugestellt wird und wie diese mit dieser Dienstleistung des gelben Riesen zufrieden sind. Ein entsprechender Aufruf zur Teilnahme wurde Mitte Februar zweimal im Blatt gemacht. Jetzt liegt die Auswertung der Umfrage vor. Diese ist mit rund 200 Rückmeldungen – je zur Hälfte von Frauen und Männer – nicht repräsentativ für die rund 8000 WB-Abonnentinnen und -Abonnenten. Doch sie zeigt auf: Mit der Postzustellung sind bei Weitem nicht alle Umfrageteilnehmenden zufrieden.
 

Die Hälfte fordert frühere Zustellung

Gegen 80 Prozent der Teilnehmenden der Umfrage sind Abonnentinnen und Abonnenten, die dem «Böttu» bereits zehn und mehr Jahre die Treue halten. Wann erhielten die Umfrageteilnehmenden in der Regel die Zeitung im Briefkasten?

2 Prozent vor 9 Uhr, 48 Prozent zwischen 9 und 12.30 Uhr, 34 Prozent zwischen 12.30 Uhr und 14 Uhr, 10 Prozent zwischen 14 und 15 Uhr und 6 Prozent nach 15 Uhr. Kurz: Rund die Hälfte bekommt den WB erst nach 12.30 Uhr. Rund 42 Prozent sind mit der Postzustellung zufrieden, für 49 Prozent erfolgt sie zu spät und für 9 Prozent spielt es keine Rolle, um welche Uhrzeit der Willisauer Bote im Briefkasten liegt. Die Zufriedenheit mit der Post ist vor allem bei jenen Personen gross, die den «Böttu» bis 12.30 Uhr erhalten.

Bei der Befragung galt es auch die Postleitzahl anzugeben. Hier zeigt sich: Die Unzufriedenheit mit den Postleistungen ist im Wiggertal grösser als im Hinterland. Auffällig viele negative Rückmeldungen trafen nicht etwa aus abgelegenen Gebieten, sondern aus dem Raum Santenberg, Schötz, Nebikon und Dagmersellen ein.


Der gesetzliche Auftrag der Post

Der gesetzliche Grundauftrag der Post bei der Zeitungszustellung ist klar: Der Bundesrat hat 2020 eine Änderung der Postverordnung beschlossen, welche die Schweizerische Post verpflichtet, in Gebieten ohne Frühzustellung die Tageszeitungen bis spätestens 12.30 Uhr zuzustellen. Diese Vorgabe hat sie seit Anfang 2021 zu mindestens 95 Prozent zu erfüllen.

Wir kritisieren nicht die Arbeitsleitung des Zustellpersonals – das macht einen guten Job. Wir setzen Fragezeichen hinter die Organisation der regionalen Verteilzentren.
Edi Lindegger
Verlagsleiter Willisauer Bote

Dem WB sind die Hände gebunden

Was bedeutet dies für den WB? Im Lesegebiet gibt es zwar die Frühzustellung von privaten Anbietern in den Siedlungsgebieten. «Doch die Kosten dieser Frühzustellung sind für kleinere Titel wie den WB schlicht nicht finanzierbar», sagt Edi Lindegger, Verlagsleiter des Willisauer Bote und fügt an: «Es wäre ein weit höherer Abopreis nötig, der nicht goutiert würde.» Zudem habe der WB viele Abonnentinnen und Abonnenten, die nicht im Bereich der Frühzustellung wohnen. «Wir sind deshalb auf den guten Willen und den Service public der Schweizerischen Post angewiesen, damit auch unsere Leserschaft die Zeitung spätestens vor 12.30 Uhr am Ausgabetag erhält.» Bereits mehrmals habe er dieses Anliegen des Willisauer Boten bei den verantwortlichen Stellen des gelben Riesen deponiert. Dabei habe er nicht die Arbeitsleitungen des Zustellpersonals in Zweifel gezogen. «Dieses macht einen guten Job. Wir setzen hingegen Fragezeichen hinter die Organisation der regionalen Verteilzentren.» Die zeitige Zustellung der Zeitung sei wichtig, sagt Edi Lindegger. «Damit wird dem Informationsbedürfnis der Bevölkerung Rechnung getragen.» Dies sei für die Meinungsbildung in unserem Land von relevanter Bedeutung. «Gerade für jenen Teil der Bevölkerung, welche Nachrichten und Reportagen via Printprodukte konsumiert», bemerkt Edi Lindegger weiter. «Diese Leserschaft ist nach wie vor gross, obwohl auch beim WB seit Jahren aktuelle Nachrichten und Ausgaben via App rund um die Uhr abrufbar sind.» So haben beim WB erst deren zwei Prozent explizit ein E-Paper-Abo, obwohl ein solches preisgünstiger und bereits am Morgen des Erscheinungstages lesbar ist.


Verlegerverband kontra Post-Chef

Auch schweizweit sind viele Zeitungen auf eine schnelle Postzustellung angewiesen: So werden rund die Hälfte der abonnierten Zeitungen durch die Post verteilt, konkret waren dies 2022 über 900 Millionen Exemplare. Daher reagierte der Verlegerverband Schweizer Medien mit scharfer Kritik auf die dicke Post von Post-Chef Roberto Cirillo. Dieser forderte im letzten Herbst, die 12.30-Uhr-Grenze für die Zustellung der Zeitung solle fallen. Cirillos damalige Begründung: «Heute sind viele Leute über Mittag gar nicht mehr zu Hause. Es macht für sie keinen Unterschied, wann wir die Briefe und Zeitungen einwerfen. (…) Wir werden nicht Jahr für Jahr zur besten Post der Welt gewählt, weil wir stehen bleiben, sondern weil wir (…) stetig die Qualität erhöhen.» Von wegen Qualität und Kundenbedürfnisse: «Dieser Reformplan ist nichts anderes als ein schöngeredeter Abbau des Service public, des Grundversorgungsauftrags der Post», sagt Edi Lindegger. Solchen Post-Plänen will der Verlegerverband entschieden entgegentreten. Denn ansonsten drohe den Zeitungen wegen der späteren Zustellung ein weiterer Verlust von nach wie vor gefragten Print-Abos. Mehr noch: Ein Wegfall der 12.30-Uhr-Grenze würde die wirtschaftliche Lage der Verlage akut gefährden.

Die Post CH AG schreibt: «Unsere Mitarbeitenden sind in jedem Fall bestrebt, die Post fristgerecht in den Briefkasten zu legen, in der Regel bis 12.30 Uhr.» Symbolbild Norbert Bossart

Was sagt die Post zur Kritik aus der WB-Leserschaft?

Der WB hat der Post CH AG bereits mehrmals vermeldet: Abonnentinnen und Abonnenten klagen über eine sehr späte Zustellung. Entsprechend Verbesserungen wurden gefordert. «Die Touren der Zustellboten sind nach ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten gestaltet», hielt die Post CH AG nach der letzten Reklamation des Verlags SWS in ihrer schriftlichen Antwort fest. Zusätzlich würden die stark schwankenden Sendungsmengen und die Reihung der Adresse in der Botentour den Zeitpunkt der Zustellung beeinflussen. «Unsere Mitarbeitenden sind in jedem Fall bestrebt, die Post fristgerecht in den Briefkasten zu legen, in der Regel bis 12.30 Uhr.» Doch es gebe keinen Anspruch «auf eine Auslieferung bis zu einer bestimmten Uhrzeit». Je nach Situation könne die Zustellung auch später erfolgen. Als Gründe führt die Post CH AG unter anderem krankheitsbedingte Ausfälle, die Sendungsmenge und die Anzahl vorsortierter Sendungen auf. Sie stelle zudem alternativ Postfächer zur Verfügung. «Sobald die Poststelle öffnet, sind die Sendungen abholbereit», schreibt die Post CH AG dazu. Doch Postfächer sind kostenpflichtig und vielerorts nur sehr beschränkt vorhanden. Ebenfalls weist die Post CH AG den WB auf die Möglichkeit hin, seine Publikation via Frühzustellung den Abonnentinnen und Abonnenten zu übergeben. Letztere Lösung ist aber für einen kleinen Titel wie den WB nicht finanzierbar, wie Edi Lindegger, Verlagsleiter des Willisauer Boten, zu bedenken gibt (siehe Haupttext). Der WB fragte am Mittwoch bei der Post CH AG nochmals telefonisch nach, ob sie im Lesergebiet zu wenig Personal oder bei den Verteilzentren organisatorische Probleme habe. Dies sei nicht der Fall, hiess es. Hinter diese Antwort setzt SWS Verlag ein grosses Fragezeichen. Dies aufgrund der besagten Rückmeldungen über die späte Zustellung. Norbert Bossart

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Künsch

So 24.03.2024 - 20:17

Vielerorts herscht personalmangel folge daraus es müssen touren zusammengelegt werden und aufgeteilt! Und die neuen leute quereinsteiger brauchen logischerweise länger als die die schon jahre lang die touren laufen! Habt geduld wir haben auch nur zwei hände!

Josef Lötscher…

Fr 22.03.2024 - 07:39

Neben über den Mittag nicht zu Hause spielt die Digitalisierung immer grössere Rolle. Die Menschen mit der Zeitung in der Hand nehmen ab.Wichtige Belege muss man selbst ausdrucken und ablegen oder dafür bezahlen. Das Leben wird teurer und Energie abhängiger.

Hans Rudolf

Do 21.03.2024 - 10:36

Bei uns im Zurzibiet wird "Die Botschaft" auch erst am Nachmittag zugestellt. Häufig erst nach 15 Uhr. Die Post setzt für diese Tour zum Teil pensionierte Zustellbeamte ein.

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