Er orgelt seit 50 Jahren im Luthern Bad

Einmal in der Not als Organist eingesprungen, nun sitzt er seit einem halben Jahrhundert Sonntag für Sonntag an der Orgel in Luthern Bad: «Wenn ich A sage, dann sage ich auch B», sagt Heini Erbini.

Seit 50 Jahren begleitet Heini Erbini die Gottesdienste in der Wallfahrtskirche Luthern Bad mit seinem Orgelspiel. Foto Pius Häfliger
Chantal  Bossard

Die Dorfkilbi in Luthern ist abgesagt. Kurz und verständlich trifft die Meldung auf der WB-Redaktion ein – «zur Information der Bevölkerung». Absender: Heini Erbini. Einmal mehr. Hunderte E-Mails hat der «Böttu» wohl bereits von ihm bekommen, unzählige Berichte mit seiner Autorenzeile veröffentlicht. Von Fleckviehschau über Blasmusikkonzert bis hin zum Schulskilager: Heini Erbini gibt der Talschaft in der Öffentlichkeit eine Stimme, verschafft der Gemeinde und seinem Vereinsleben über die Dorfgrenzen hinweg Gehör. Für sein jahrzehntelanges Schaffen als Zeitungsbericht­erstatter wurde Heini Erbini vor fünf Jahren mit dem «Prix Engagement Luthertal» ausgezeichnet. Fast hätte dies der «Böttu» gar nicht mitbekommen. Denn: Heini Erbini war am selbigen Anlass als Berichterstatter vor Ort. Und hat seine eigene Auszeichnung im Nachbericht elegant weggelassen. Sich selbst ins Rampenlicht zu setzen: Das ist nicht sein Ding. Zum Glück tun das andere für ihn. «Heini Erbini von Luthern ist seit 50 Jahren Organist in Luthern Bad. Da wäre doch ein Bericht im Willisauer Bote das Richtige», schreibt Andrea Birrer, Kirchmeierin, Luthern, in einer E-Mail an die Redaktion. Recht hat sie. «Aber ja nichts Grosses!», antwortet Heini Erbini auf die Interview-Anfrage.

Ein Schülerchor sorgte für Stimmung
«Aus der Not heraus», sagt Erbini auf die Frage hin, wie er denn zum Organist wurde. Der 74-Jährige sitzt am hölzernen Küchentisch, seine Frau Annemarie Erbini-Thalmann hat Kaffee und Kuchen aufgetischt, und erinnert sich an die Anfänge seiner Orgel-Karriere zurück. 1968 kam Heini Erbini ins Tal, trat seine erste Lehrerstelle im Luthern Bad an. Musikalisch sei dieser junge Lehrer, erzählen sich die Leute im Dorf alsbald. Denn Heini Erbini ist ein passionierter Sänger – und teilt diese Leidenschaft gut und gerne mit seiner Klasse. Gesangseinlagen sind an der Tagesordnung, später in seiner Lehrer-Karriere wird Erbini noch einen Chor leiten und mit seinen Schülerinnen und Schülern an Hochzeiten singen. Doch erstmal war er da: Der Ruf, «etwas von Musik zu verstehen». Und so kam es, dass er für Kaplan Schürmann selig die erste Anlaufstelle war, als die Weihnachtsfeier 1971 drohte zum Trauerspiel zu werden: Mit der Schliessung des damaligen Kinderheims im Luthern Bad verliess nämlich auch jene langjährige Organistin das Luthertal, die die Weihnachtsfeiern musikalisch umrahmte. So wurde Erbini angefragt – obwohl sich seine Kenntnisse damals auf einfaches Geigenspiel und einige Klavierakkorde  beschränkten. «Das Orgelspiel habe ich nie gelernt», erzählt Heini Erbini. Trotzdem setzte er sich vor das imposante Instrument. Zu seiner Zeit als Lehrer im Luthern Bad begleitete zudem der Schülerchor, geleitet von Erbini, die Schülermessen und Sonntagsgottesdienste. «Die Lieder dafür übte ich mit der Klasse jeweils am Samstag in der Schule ein – das würde heute nicht mehr gehen.» Die vorgetragene – und damals für das Hinterland recht moderne – Liedgattung «Spirituals» erfreute die Messebesucherinnen und -besucher, «und gefielen schlussendlich selbst dem skeptischen Kaplan», so Erbini und schmunzelt ab den Erinnerungen.

Selbstverständliches Engagement im Dorfleben
Der Schülerchor im Luthern Bad ist Geschichte. Der Organist ist es nicht. Aus der Not ist längst eine Tradition geworden, Heini Erbini hinter der Orgel gehört zum gewohnten Bild. Drei Sonntage im Monat umrahmt er den Gottesdienst musikalisch. Wieso? Der Luthertaler zuckt mit den Schultern. «So macht man das einfach», sagt er. «Wenn ich A sage, sage ich auch B.» Wegen dem «Batzen», den er für seine Auftritte erhalte, tue er dies sicher nicht, fügt er an. «Bedenkt man die wöchentlichen Proben, die Autofahrt ins Luthern Bad, die verbuchten Sonntagmorgen, da lohnt sich das nicht.» Finanziell zumindest. Hört er auf der Empore ab und zu den erfreuten Applaus von dem oft weit gereisten Publikum, «dann freut es mich.» «Ja, schliesslich legst du dich für einen sauberen Vortrag auch immer schampar ins Zeug», sagt Annemarie Erbini, die sich an den Stubentisch dazugesetzt hat. Heini Erbini winkt ab. «Sicher, er schreibt jeweils ganze Tonarten um», ergänzt sie Richtung Reporterin. Ihr Mann winkt ab, trinkt einen Schluck Kaffee. Bescheidenheit? Für Heini Erbini eher Selbstverständlichkeit, merkt man im Gespräch mit ihm.
Aufgewachsen ist Heini Erbini in Rothenburg, der Vater Italiener, die Mutter Deutsche. «Akzeptiert zu werden, war damals oft nicht einfach», sagt er. Das war in Luthern nicht anders, «erst recht nicht.» Hier wurden Zuzügler misstrauisch beäugt. Doch der junge Lehrer wusste sich zu helfen: «Ich half im Dorfleben mit.» Als Feuerwehroffizier, Chorleiter, Deutschlehrer für Flüchtlingsfamilien, Aktuar Verein Pro Luthertal, Chronist, Texter, und eben Organist. «Besonders als Lehrer hatte man sich sowieso zu engagieren, das war selbstverständlich – und man macht es ja auch gern für das eigene Dorf.»
Spricht Heini Erbini von Luthern, merkt man rasch, wie verbunden er sich mit dem Tal fühlt. «Ganz besonders am Herzen liegt mir das Luthern Bad.» Zu sagen hätte er das nicht gebraucht: Immer wieder erwähnt er den «Kraftort» mit dem stilvollen neuen Arm- und Fussbad. Er ist stolz auf die gut besuchten Messen und auf die Beständigkeit des Wallfahrtsortes. So soll es sein – schliesslich ist das auch sein Verdienst. Obwohl er das so nie sagen würde.

Chantal Bossard

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