Kraft der Pflanzen durch das Feuer lösen

Räuchern mit einheimischen Heilpflanzen: Darüber hielt Daniela Steinmann am Donnerstagabend beim Frauenverein Hergiswil einen Vortrag. Die Roggliswilerin machte von Anfang an klar: Räuchern ist keine esoterische Erfindung. Sondern ein uralter Brauch.

Die Roggliswilerin Daniela Steinmann führte die zahlreichen Anwesenden während zwei Stunden in die Welt des Räucherns ein. Organisiert wurde der Vortrag vom Frauenverein Hergiswil. Foto Chantal Bossard
Chantal  Bossard

Ob im Raum jemand hochschwanger sei, fragte Daniela Steinmann als Erstes. Und erklärte: «Einige der Pflanzen, die heute geräuchert werden, können nämlich Wehen auslösen.» Der Hinweis am Anfang des Abends unterstrich, welch immense Kraft Heilpflanzen haben können – gefolgt von vielen weiteren Beispielen.

So alt wie das Feuer selbst
Bevor der Vortrag begann, begrüsste Daniela Rölli die vielen Anwesenden im Pfarreisaal Hergiswil. Die Präsidentin des organisierenden Frauenvereins zeigte sich erfreut ab den vielen – auch neuen – Gesichtern in den Sitzreihen. «Anmeldungen von überall im Hinterland trudelten ein», sagte sie. Und zog kurzerhand das Fazit: «Der Vortrag scheint zu interessieren.» Mit der Roggliswilerin Daniela Steinmann war eine Fachfrau in dem Themengebiet vor Ort. Die Biobäuerin und Basisstufenlehrerin entdeckte das Räuchern vor rund zehn Jahren. Und merkte bald: «Dieser Brauch ist so alt wie das Feuer selbst.» Auch in unserer Kultur habe man früher die Kraft der Heilpflanzen auf diese Weise genutzt. «Früher hat man etwa ein Sterbezimmer nicht desinfiziert, sondern mit reinigenden Pflanzen ausgeräuchert.» Daniela Steinmann betonte nochmals ausdrücklich: «Das Räuchern ist uraltes Brauchtum – und keine neumodische Esoterik-Erfindung.» Und vor allem: «Nachweislich wirkungsvoll.» Es sei schlicht eine weitere Methode, die Kraft von Heilpflanzen zu lösen. «Niemand zweifelt am Nutzen eines Kamillentees. Hier werden die Heilstoffe der Pflanze schlicht durch Wasser gelöst, wo es beim Räuchern das Feuer ist.» Die Heilkraft gelange in Form des Rauchs durch die Nasenschleimhäute in den Körper. «Das ist unglaublich wirkungsvoll.»

Einheimische Heilpflanzen
Dafür brauche es keine exotischen Kräuter. «Alles vor unserer Haustür lässt sich räuchern», sagte Steinmann und unterstrich ihre Worte sogleich mit einem Beispiel: Tannennadeln. Waldig, würzig, frisch sind sie in der Nase, desinfizierend, keimtötend und reinigend ist die Wirkung. Daniela Steinmann liess die getrockneten Nadeln auf einem glühenden Kohlestück verräuchern, gefolgt von vielen weiteren einheimischen Kräutern. Etwa dem kräftigen Thymian, der bei Erkältungen die Nase befreit. Der wärmenden Alant-Wurzel, die Anspannung in den Gelenken zu lösen vermag. Dem lieblichen Lavendel, der die Nerven beruhigen kann. Oder dem Harz, der öffnend und entzündungshemmend wirkt. Auf zwei bekannte Beispiele des Harzes ging Daniela Steinmann etwas ausführlicher ein: Weihrauch und Myrrhe. Die Weihnachtsgeschichte mit den Heiligen Drei Königen, die dem Jesuskind Gold, Weihrauch und Myrrhe bringen, ist bekannt. Doch Weihrauch und Myr­rhe sind auch wirksame Heilmittel. «Sie sind heute noch wertvoll – und kostspielig», so Steinmann. Entsprechend nutze die Kirche bei den Messen zum Teil synthetisch eingefärbten und parfümierten Weihrauch. «Das erklärt, wieso einige davon Kopfschmerzen kriegen.» Deshalb empfiehlt Daniela Steinmann: «Möglichst keine künstlichen Räucherutensilien verwenden.» Sie selbst arbeitet konsequent mit dem, was sie «vor der Haustür» findet. Davon braucht sie manchmal eine Menge – schliesslich hat die Roggliswilerin bereits 85 Häuser ausgeräuchert.
«Auch die Tradition des Hausräucherns gibt es seit Urzeiten», sagt sie. Früher sei es üblich gewesen, Ställe und Wohnräume von «bösen Geistern» zu befreien, die sich in Form von Krankheit, Kälte und Hunger gezeigt haben. «Heute sind Umzug, Renovierungen, Krankheit, Auseinandersetzungen, Veränderungen in der Familienstruktur oder das Zusammenziehen mit einer neuen Liebe, die bevorstehende Geburt eines Kindes... alles triftige Gründe für reinigende Hausräucherungen.» Bei diesen macht Daniela Steinmann jeweils zwei Durchgänge: Zuerst säubert die Fachfrau die Räume mit Rauch von reinigenden Pflanzen, dann füllt sie diese wieder entsprechend dem Wunsch der Eigentümer mit «guten Eigenschaften».

Das Feuer entfacht
«Räuchern war für mich komplettes Neuland – nun bin ich erstaunt darüber, wie fassbar das Thema ist», sagte eine Frau Mitte 60 in der Fragerunde. Ein Stuhl weiter rechts klingt es ganz anders: «Ich habe schon oft geräuchert und freue mich nun darüber, wie viele Möglichkeiten man mit einheimischen Pflanzen hat», meint die junge Frau mit knallroten Haaren. Doch ob blutige Anfängerin oder versierte Räucherin: Gelernt haben sie während den zwei Stunden Vortrag im Hergiswiler Pfarreisaal sicher beide etwas. Und ja, hier und da wurde wohl – wortwörtlich – das Feuer entfacht.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • HTML - Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Web page addresses and email addresses turn into links automatically.