Nachruf

26. Januar 2021

Pius Grüter-Schwegler

Willisau

Vati, du warst das grösste Geschenk – unter dem Baum – am Weihnachtsabend 1936. Als fünftes Kind von Kunigunde und Josef Grüter-Birrer auf der Obergulp wurdest du direkt in eine schleunigst gezimmerte Krippe gebettet. Zusammen mit deinen Geschwistern Margrit, Sepp, Heiri, Franz und Peter verflossen arbeitsame Jahre auf dem Bauernhof, gespickt mit vielen Lausbubenstreichen: So war der Vater ab den grossen Forellen im Hofbrunnen nicht erfreut, sondern gebot diese wieder zurückzubringen. Oder die «beinbrecherischen» Schlittenfahrten auf der Gulpstrasse, deren eine du im Spital geduldig kurieren musstest.

Deinem Flair folgend, durftest du bei der Firma Chappuis an der Menzberg­strasse Landmaschinenmechaniker lernen. Ein Jahr nach Lehrabschluss gingst du mit Bruder Sepp einen Win-win-Handel ein. Du zogst zu ihm in die Studentenmansarde nach Zürich, um ihn dank deiner Anstellung bei Maag-Zahnräder finanziell zu unterstützen. Sepp seinerseits motivierte dich zum Abendtechnikum mit Abschluss Maschineningenieur HTL. Die beiden bodenständigen Willisauer wussten sich auch neben der Ausbildung zu helfen. Der Umzug in die neue Mansarde wurde kurzerhand per Tram realisiert und der Menüplan wöchentlich mit einem Einmachglas voller Ragout aus Mutters Küche aufgebessert.

Deine Liebe zum Tüfteln und Konstruieren führte dich nach einigen Jahren zurück ins Luzernische, zu Schindler in Ebikon. Im Juli 1965 läuteten für Rösli und Pius die Hochzeitglocken in der Wallfahrtskirche Luthern Bad und in Buchrain fanden sie ein gemeinsames Daheim. Mit den Geburten von Daniela, Anita und Brigitta wuchs die Familie allmählich zum Dreimädelhaus.

1969 fandest du deine Lebensstelle in der Glasi, Wauwil. Gestartet im technischen Stab wurdest du über mehrere Beförderungen zum Personalchef und schliesslich zum Vizedirektor. Du hast das Vetropack-Werk Wauwil über Jahre umsichtig geleitet und warst grosser Kenner und Verfechter des Werkstoffs Glas. Dein Geheimnis war der direkte Kontakt zu den Angestellten, egal ob in der Administration, am Glasofen oder am kalten Ende. Dein täglicher Firmen­rundgang war wichtige Basis für deine Planungen und Entscheidungen. Über das Werk hinaus hast du dich in der Industrie- und Handelsvereinigung Sursee eingesetzt.

Ja, dein Beruf war dir Berufung. Und nur dank Röslis grossem Engagement für Familie und Haushalt war dies möglich. Umso wichtiger waren für dich Familienferien, oft im Kreise der beiden doppelt verwandten Familien Grüter-Schwegler. Besonders geliebt hast du die gemeinsamen Skiferien, nicht zuletzt wegen des gemütlichen Jassens nach der Heimkehr von der Piste. Neben der Familie lagen dir Kultur und Gesellschaft am Herzen, so zum Beispiel der Männerchor Concordia und der Rotaryclub Willisau. In diesen und weiteren Vereinigungen hast du nicht nur als Vorstandsmitglied gewirkt, sondern auch als Präsident.

In der Armee hast du Dienst bei der Artillerie als Feldweibel geleistet. Ob deine Karbid- und Schwarzpulver-Experimente als Jugendlicher diesen Weg vorzeichneten?

Eine besondere Freude war dir 1972 der gemeinsame Umzug ins Eigenheim auf elterlichem Boden. Deine tiefe Verbundenheit mit der Gulp und Willisau zeigte sich zudem in deinem über zwanzigjährigen Engagement als Präsident des Gemeindeverbandes für das regionale Pflegeheim Waldruh. Unter deiner Ägide wurde die Waldruh Willisau stark erweitert und der Rückzug der Baldegger Schwestern vollzogen. Das heutige moderne Pflegezentrum Waldruh nahm Gestalt an.

Wer hätte gedacht, dass du in den letzten Berufsjahren im Werk Wauwil die Glasproduktion abbauen und eine Kunststoffproduktion aufbauen müsstest. So kam deine leicht vorgezogene Pensionierung 1999 nicht ganz ungelegen. Du hast mehr Zeit für das – mit drei Schwiegersöhnen erweiterte – Dreimädelhaus und für den Kontakt zu deinen acht Grosskindern gefunden. Daneben hast du vor allem das Wandern, Velofahren und Reisen erneut entdeckt und genossen. Exotische Landschaften und ferne Kulturen durftest du gemeinsam mit Rösli auf Reisen durch Südafrika und Südamerika erleben. Sehr gefallen hat dir auch das einfache Reisen durch die Mongolei mit Übernachtungen in Zelt und Jurten. Regelmässig und bis vor Kurzem hast du auf der Bettmeralp deinem geliebten Skifahren gefrönt. Einzig dein schwächelndes Herz hat dich die letzten zehn Jahre beim Sporttreiben eingeschränkt. Du hast dich nie beklagt – hast dagegen deine Spaziergänge im geliebten Gulpwald ausgebaut. Ansonsten hast du dich guter Gesundheit erfreut und gesellige Anlässe genossen. So liebtest du die wöchentlichen Jassrunden, die jährlichen Ferien mit deinen Wanderfreunden und natürlich die gelegentlichen Familienfeste. Unter anderem durftest du mit Rösli und der Familie 2015 die goldene Hochzeit feiern und diesen Spätsommer fand das ersehnte Grütertreffen statt.

Vor einem Jahr warst du ernsthaft erkrankt, doch du hast dich vom damaligen Spitalaufenthalt gut erholt. Diesen Herbst warst du wieder voll und ganz Pius, unser Vati. Umso überraschender war Ende Oktober die Covid-Diagnose und die sich rasch entwickelnde Lungenentzündung. Wegen der Hospitalisierung blieb uns nur wenig Zeit und Nähe für den Abschied. Doch du warst im Spital Wolhusen in fürsorglichen Händen.

So ist am Telefon dein fröhliches «Vati esch doo» nur zu schnell verklungen.

Deine Familie