Nachruf

18. Februar 2016

Paula Voney-Fölmli

Paula Voney-Fölmli
Willisau

Im Kanton Luzern wurden im Jahre 1924, es war ein Schaltjahr, 4008 Kinder geboren. Eines dieser vielen Kinder war das kleine Mädchen Paula Fölmli.

Sie wurde als drittes von fünf Kindern von Lina und Peter Fölmli-Birrer in Grosswangen, «Im Schutz» geboren.
Zusammen mit ihren Geschwistern Lina, Emmi, Roman, Peter und dem Pflegekind Kari erlebte Paula eine bescheidene Kinderzeit in einfachen Verhältnissen. Die Schule besuchte sie in Grosswangen.

In dieser Zeit war es für ein Mädchen ein Privileg, eine Lehre machen zu dürfen. Paula hatte das Glück, das Handwerk der Weissnäherin erlernen zu können. Täglich radelte sie mit dem Fahrrad zu ihrem Lehrbetrieb in Langnau bei Reiden.

Nach der Lehrzeit arbeitete sie als selbstständige Schneiderin und war weitherum als begabte und exakte Näherin bekannt. Nebst Alltagskleidern für Gross und Klein fertigte sie auch wunderschöne Brautkleider an.
Wie Paula, so war auch Franz Voney viel mit dem Fahrrad unterwegs und so kreuzten sich eines Tages ihre Wege auf der Strasse – zuerst zufällig – dann absichtlich – bis die beiden schlussendlich gemeinsam in die gleiche Richtung fuhren.

Im Sommer 1953 heiratete Paula ihren geliebten Franz in der Pauluskirche in Luzern. Das frischvermählte Paar bezog die erste gemeinsame Wohnung in der Nähe des Bahnhofs in Willisau. Da arbeitete Paula zusätzlich im Kiosk.

Im Jahre 1958 konnte das junge, innovative Paar ein Ladenlokal in der Hauptgasse 9 in Willisau mieten und dann drei Jahre später das ganze Gebäude käuflich erwerben. Sie waren stolz auf das stattliche Haus und schmückten es jeden Frühling mit Geranien, nicht nur auf der belebten Städtliseite, sondern auch zur Hintergasse. Ein grösserer Umbau zum ersten Selbstbedienungsladen von Willisau erfolgte 1964.

Unermüdlich arbeitete Paula zusammen mit Franz und ihrer Schwester Lina in ihrem gepflegten Lebensmittelgeschäft. Für das fleissige Trio war das Motto «Der Kunde ist König» nicht bloss eine Floskel, nein, es wurde regelrecht gelebt. Jedermann, der den «Usego»-Laden betrat, wurde freundlichst mit dem Namen begrüsst und man las ihm jeden Wunsch von den Augen ab. So wurde dieser Familienbetrieb zu einem erfolgreichen Unternehmen mit sehr grosser Stammkundschaft. Dies bezeugte zum Beispiel die alljährliche, grosse Geschenkkorbbestellung um die Weihnachtszeit. Das ganze Treppenhaus war jeweils damit überstellt.
Gerne hätte das junge Paar eigene Kinder gehabt, doch dieser grosse Wunsch blieb leider unerfüllt. Umso mehr erfreute sich Paula, oder Päuli, wie wir sie oft genannt haben, an ihren Nichten, Neffen und vor allem an ihren Gottenkindern. Sie hatte immer interessiert und aufmerksam an ihrem Leben teilgenommen und keinen Geburtstag vergessen. Wie haben wir es genossen, bei ihr in den Ferien zu sein, im Laden Gestelle aufzufüllen, um hinterher mit einem «Schoggelädeli» belohnt zu werden.

1987 haben Franz und Paula den gros­sen Schritt in die Pension gewagt. Die Bedenken, dass sie nach ihrer intensiven Arbeitszeit in ein Loch fallen würden, blieben unbegründet. Die beiden haben diese Umstellung mit Bravour gemeistert. Endlich hatten sie Zeit füreinander und Zeit, die jahrelang ausgebliebenen Ferien nachzuholen. Sie wurden zu richtig guten «Bolliger Reisen»-Kunden. Sorglos durften sie die Welt bereisen, denn ihr Geschäft konnte einem guten Pächter anvertraut werden. Auch heute noch wird es von tüchtigen Geschäftsleuten ganz in ihrem Sinne weitergeführt.

Obwohl Paula nie gerne von zuhause abgereist ist, hat sie dann doch im Nachhinein voller Stolz dem Besuch das hübsch gestaltete Reisefotoalbum herumgereicht. Am allermeisten stolz machte sie der persönliche Händedruck von Papst Johannes Paul II. auf ihrer Romreise. Das Foto dieses eindrücklichen Moments haben wohl alle ihre Verwandten und Freunde mehrmals bewundern dürfen. Nach jeder Reise war jeweils die Souvenir-Fingerhut-Sammlung in ihrer Stube um ein hübsches Stück reicher. Doch es musste nicht immer mit dem Car oder dem Flugzeug sein. Auch mit dem Auto waren die beiden nun öfters unterwegs zu Verwandten und Bekannten oder einfach «zom es Käfali go trenke». Waren sie mal länger als eine Woche nicht im Café Koller in Sursee, wurden sie dort schon vermisst. Mit Franz am Steuer fühlte sich Paula so sicher, dass sie es niemals für nötig hielt, sich anzuschnallen. Um aber einer Polizeibusse zu entgehen, hat sie sich den Gurt jeweils nur zum Schein über die Schulter gelegt. Dieser Trick hat tatsächlich zeitlebens funktioniert.

Bei Paula und Franz fühlte man sich immer herzlich willkommen. Wir schätzten ihre zuvorkommende Gastfreundschaft und alle Kinder wurden immer wieder mit Süssigkeiten oder gesunden Früchten aus dem Laden verwöhnt. Mit ihren Geschwistern und deren Familien war Paula stets herzlich verbunden. Ihre Schwester Lina, welche über 40 Jahre im gleichen Haushalt lebte, betreute sie, zusammen mit Franz, liebevoll bis zu ihrem Tod im Jahre 2001. Auch mit den Mietern im Haus pflegten die beiden ein herzliches Verhältnis und mit einigen von ihnen blieb der Kontakt bis heute. Langjährige Nachbarn wurden zu guten, treuen Freunden.

In den letzten Jahren wurde es immer ruhiger um Paula. Ausgehen mochte sie immer weniger gerne. Am wohlsten war es ihr in ihren geliebten vier Wänden. Franz übernahm immer mehr Hausarbeiten, kochte und kaufte ein. Aufmerksam unterstützt wurden sie dabei von Nichte Agnes.

Im Oktober 2014 mussten Franz und Paula schweren Herzens das Haus und die lieben Nachbarn im Städtli verlassen. Nach einem halben Jahr in Wikon durften sie im neu renovierten Alters- und Pflegezentrum Waldruh in Willis­au ein sonniges, gemütliches Zimmer mit wunderbarem Blick zum Städtli beziehen.

Umsorgt von vielen guten Händen, ist die Müdigkeit von Paula aber stetig grösser geworden und zwang sie, immer mehr Zeit im Bett zu verbringen. Am Freitag, 15. Januar, fünf Tage nach ihrem 92. Geburtstag, hat sie sich ganz still und leise von unserer Welt verabschiedet.

Liebe Paula, wir sind traurig, dass deine Stimme verstummt ist und dein Platz leer bleibt. Wir gönnen dir aber die ewige Ruhe – jetzt darfst du schlafen.