Nachruf

28. Dezember 2015

Martha Rölli-Mehr

Martha Rölli-Mehr
Hergiswil

Es war an einem kalten Winterabend im Januar 1945, als du in der «Schachenmatt» als fünftes Kind der Katharina und des Anton Mehr-Schaller geboren wurdest. Es war eine harte Zeit – nach dem Krieg, wenig Geld und viel Arbeit in Haus und Hof. Schon früh hast du gelernt zu entbehren, lieb Gewonnenes loszulassen und mit dem zufrieden zu sein, das du gerade hattest. So hast du deine ganz eigene Lebensstrategie entwickelt, welche dich dein ganzes Leben geprägt und begleitet hat: Ein unverkennbarer Humor, eine gute Portion Gelassenheit, ein richtiges Wort im richtigen Moment und alles nicht «zu ernst» nehmen.

Die Schulzeit war vorbei und du hast deinen Lebensunterhalt im Pfarrhof Schötz, im «Kreuz», Hergiswil, und im «Kreuz», Gunzwil, verdient. Diese Zeit war schön. Die Gäste kamen und gingen und so hast auch du dich entschieden, einen neuen Weg zu gehen. Du hast die Bäuerinnenschule gemacht und dir weiteres Rüstzeug angeeignet für deine künftigen Aufgaben als Mutter, Hausfrau und Bäuerin.

Zusammen mit Toni Rölli vom «Opfersei» hast du den Bund fürs Leben geschlossen und im «Opfersei Neuhus» angefangen, ein neues Leben aufzu- bauen. Die Familie wuchs im Laufe der Zeit. Schlussendlich haben vier Kinder – zwei Töchter und zwei Söhne – für Leben im Haus gesorgt. Die Familie ging dir über alles und so oft hast du deine eigenen Bedürfnisse hinten angestellt. Doch mit deinem Leitsatz «äh – ässe und vergässe» hast du vieles einfacher annehmen können. Das heisst nicht, dass du alles geschluckt hast. Nein, du warst eine ehrliche und aufrichtige Person, die auch mal auf den Tisch klopfen konnte. In deinem grossen Herzen haben viele Menschen einen Platz gefunden. Allem voran deine drei Göttibuben und auch viele Bekanntschaften aus alten und jüngeren Zeiten.

Die Kinder wurden grösser, haben ihre eigenen Familien gegründet und dir sieben Grosskinder geschenkt. Du warst eine herzliche Oma und ein herzliches Grosi. Nicht nur du, Martha, warst stolz auf deine Nachkommen, sondern auch deine Kinder sind unendlich stolz auf dich und Toni. Mit bescheidenen Mitteln ward ihr euren Kindern vertrauensvolle Eltern. In jeder Situation sind sie auf offene Ohren gestossen und ihr seid immer für sie da gewesen – egal, wo und in welcher Situation.

Für dich, Martha, war Faulenzen ein Fremdwort. Egal ob zu Hause auf dem Hof, in den zehn Jahren, als ihr in der Käserei Opfersei die Milchannahmestelle und das Getränkedepot betrieben habt, oder irgendwo auswärts. Hat man einmal jemanden gebraucht, um an einem Geburtstag, einem Apéro oder einer Hochzeit für das Wohl der Gäste zu sorgen, war man bei dir an der richtigen Adresse. Dann hast du die Schürze umgebunden und los gings: Keine Gläser und keine Teller sind leer geblieben, du hast organisiert und «gweiblet» und manchmal hatte man das Gefühl, du liest den Gästen die Wünsche von den Augen ab.

Ebenfalls in den rund 18 Jahren in der Cafeteria des Wohn- und Betreuungsheims St. Johann hast du es genossen, dich mit den Menschen abzugeben, mit ihnen zu plaudern und auch mal zuzuhören. Während vielen Jahren hast du dich aktiv im Samariterverein engagiert. Später in der Freiwilligenarbeit der Pro Senectute, der Krankenbesuchsgruppe der Pfarrei und du hast den Mittagstisch mit organisiert.

Und wenn es dann doch mal für eine Pause reichte, dann hast du deinen Gemüsegarten und deine Blumen genossen, Zeit für einen feinen Kaffee gefunden und sicher einen Jass gemacht. Jassen ohne Martha oder Martha ohne Jassen – beides ist unvorstellbar. Der Jassteppich war immer griffbereit und die Kreiden gespitzt. Wahrscheinlich weiss niemand, wie viele Fleischstücke du erjasst hast. Und mit deiner Jasstaktik hast du so den einen oder anderen ins Schwitzen gebracht.

Doch es war nicht immer nur Sonnenschein. Auch schwierige Zeiten haben nicht Halt vor dir gemacht. Vor mehr als 20 Jahren hast du die erste Krebsdiagnose erhalten. Du hast die Krankheit angenommen, hast sie therapiert und das Beste daraus gemacht. Lange hast du beschwerdefrei gelebt und du hast dir kaum etwas anmerken lassen. Das war auch ganz in deine Sinne, denn Mitleid hast du nicht ertragen. Auch nach der zweiten Diagnose hattest du lange keine körperlichen Einschränkungen. Dabei haben deine Einstellung zum Leben sowie eine sehr gute medizinische Betreuung eine wichtige Rolle gespielt.

Vor etwas mehr als zwei Jahren haben Toni und du euch entschieden, vom «Neuhus» wegzuziehen, um im Dorf eine Alterswohnung zu beziehen. Von den Bewohnern im «Steinacher 15» seid ihr offen aufgenommen worden und ihr habt die herzliche Nachbarschaft untereinander sehr genossen und geschätzt. Eigentlich wolltest du als Jüngste im Hause die anderen Mitbewohner unterstützen und für sie da sein. Doch dies war dir leider nicht vergönnt.

Dein Weg wurde eng und steil. Langsam und stetig hat der Krebs überhand genommen, wurde stärker und hat dir deine Kraft und Energie mehr und mehr geraubt. Ein schwierige Zeit fand ihren Anfang und gleichzeitig eine sehr bereichernde und tiefgreifende. Mit unverblümter Offenheit hast du über den Tod, das Sterben, deine Wünsche und Ängste gesprochen. Von jeher hast du immer organisiert und so konnten wir so gut wie alles miteinander besprechen und regeln. An alles hast du gedacht, für alles gesorgt und für uns war es wichtig, die Zeit mit dir zu verbringen. Viele Bekannte und Freunde besuchten dich und brachten etwas Ablenkung ins Haus. So lange du konntest, gab es einen Jass.

Ohne jemanden oder etwas schmälern zu wollen, so waren doch Rita und Franz Dubach eine grosse Stütze für uns alle. Als «Kommuniongspändli» haben Rita und du euch schlichtweg blind verstanden. Wenn du mal einen schlechteren Tag hattest und dann Rita in der Tür stand, schien sofort die Sonne wieder in die Wohnung. Es gab noch andere gute Seelen, die dich in den letzten Wochen unterstützten und uns halfen – deinen und unseren Wunsch zu erfüllen, dass du zu Hause bleiben konntest. Neben der Familie und Rita haben Emilie Schmidiger, die Spitex, die Sitzwachgruppe Willisau sowie dein Hausarzt Hanspeter Rölli wie ein Rädchen ineinander hineingespielt, um eine tadellose Betreuung sicherzustellen. Allen gehört unser grosser Dank.

Dann kam der Tag, an dem wir einander loslassen mussten und du diese Welt verlassen hast. Unsere Herzen sind schwer und es gäbe noch einiges mehr zu erzählen. Wir können es kaum in Worte fassen, denn du hast es uns mit deiner Art und Weise vorgelebt und bist uns so ein grosses Vorbild.

Wir danken dir für alles, im Wissen, dass du immer in unseren Herzen weiter lebst.

Danke Martha, Mami, Oma und Grosi!