Nachruf

05. Dezember 2016

Marie Kurmann-Wechsler

Ettiswil

Am 26. August 1923 wurde Marie als Tochter von Berta und Alfred Wechsler-Affentranger in Zell geboren. Von den acht Geschwistern starben drei im Kindesalter. Schon früh wurde Marie mit dem Tod konfrontiert.
Ein kleiner Bauernhof und eine grosse Familie, das hiess harte Arbeit, auch für die Kinder und die Jugendlichen. 1923 geboren, das bedeutete, die schwierigen 30er-Jahre bewusst erlebt zu haben. Die Rechnungen pünktlich bezahlen zu können, das stand stets im Vordergrund, das hat auch unsere Mutter sehr geprägt. Dann folgten die Kriegsjahre, die den jungen Frauen auf den Bauernhöfen noch mehr harte Arbeit abverlangten. Trotzdem durfte sie in ihrer Familie viel Wärme erleben: Metzgete, Fasnacht, Ostern, Weihnachten waren für unsere Mutter Zeiten der Freude und Fröhlichkeit. Tief war die Verbundenheit mit ihrer Zeller Familie, auch mit den Nichten und Neffen.
Dass Marie trotz guten Schulnoten die Sekundarschule nicht besuchen durfte, hat sie bis ins hohe Alter geschmerzt. Eine Berufslehre, das blieb für sie auch ein unerfüllter Wunsch. Zuerst brauchte man ihre Arbeitskraft auf dem elterlichen Hof und später hiess es Geld verdienen. Die Berufstätigkeit verbrachte sie auf drei grossen Bauernhöfen. Mit den Meistersleuten pflegte sie lebenslang freundschaftlichen Kontakt.
1946 lernte sie Josef Kurmann kennen. 1948 war das Hochzeitsfest. In Ettiswil fand ihr Ehemann Arbeit und somit wurde Ettiswil ihr Wohnort, ihre Heimat. Das Jahr 1949 brachte die Freude der Geburt des ersten Kindes, der Tochter. Vier Söhnen durfte unsere Mutter noch das Leben schenken. Da unser Vater morgens früh zur Arbeit ging, abends spät heimkam und natürlich am Samstag auch arbeitete, musste sie das Familienleben grösstenteils allein managen. Ihrem Ehemann war sie eine grosse Stütze bei seinen verschiedenen beruflichen Tätigkeiten.
1964 ging ein grosser Traum in Erfüllung. Unsere Mutter schrieb Folgendes auf: Wir haben unser «Daheim» gebaut. Das war nur möglich durch grosse Arbeit und Sparen und Sparen. Weiter schrieb sie: Wir erlebten glückliche Jahre im Eigenheim und als Familie, die Kinder beruflich gut auf dem Weg. 1976 musste sie den Tod des 25-jährigen Sohnes Josef verkraften. Das war ein Schock und grosse Trauer erfüllte unser Heim. In dieser Zeit durfte sie aber auch sehr viel Zuwendung von den Nachbarn, den Verwandten und Bekannten erfahren. Unsere Familie verband die Trauer noch stärker. 1988 erkrankte ihr Gatte schwer und verstarb am 8. April zu Hause. Unsere Mutter hatte unseren Vater gepflegt und ihm ermöglicht, zu Hause zu bleiben und daheim zu sterben. 1991 starb der jüngste Sohn Franz nach schwerer Krankheit. Beten und die Zuwendung von vielen guten Menschen halfen ihr, das Leid zu überstehen. Zum Glück gab es in ihrem Leben nicht nur Arbeit und Leid. Gastfreundschaft, am liebsten verbunden mit einem Jass, das gab ihrem Leben Würze.
Die Familie, die sich vergrösserte, mit lieben Schwiegertöchtern und einem guten Schwiegersohn, die acht Enkelkinder und vier Urgrosskinder, sie alle bereiteten ihr grosse Freude. Wallfahrten, sogar mit dem Flugzeug, brachten unsere Mutter auf den Geschmack von Reisen und Ferien. Als Witwe organisierte sie unzählige Male Rigi-Ferien für Frauen. Einige der «Rigi-Frauen» machten im hohen Alter das erste Mal Ferien. Der Garten war ihre grosse Leidenschaft. Was wurde da gesät, gesetzt, Setzlinge verschenkt und auch geerntet. Wir durften uns bedienen mit Blumen, Gemüse und Beeren.
Eine weitere Leidenschaft war das Schreiben. Wie viele Briefe hat sie wohl geschrieben? An Weihnachten gab es für uns Kinder und dann auch für die Enkel nicht nur Geschenke. Immer war auch ein persönlicher Brief dabei, mit dem Versprechen, dass sie für uns alle viel beten würde. Das Rosenkranzgebet begleitete sie durch das ganze Leben.
Im 89. Lebensjahr hat Mutter uns sehr überrascht. Sie entschied sich, ins Alters- und Pflegeheim Sonnbühl zu gehen. Auch wenn die Trennung von Haus und Garten sicher schwer war, das «Sonnbühl» wurde schnell zu ihrem neuen Daheim.
Der 90. Geburtstag war ein grosser Freudentag. Wir haben richtig schön gefeiert und freuten uns an Mutters geistiger Frische und ihrem körperlichen Wohlbefinden. Am 7. Mai 2014 erlitt sie einen Hirnschlag, das veränderte ihr Leben, blind und gelähmt war sie nun. Am 14. Dezember 2015 wurde sie erlöst und durfte sterben. Liebes Muetti, mit herzlicher Dankbarkeit und grossem Respekt schauen wir auf dein langes, reiches Leben zurück.
Deine Familie