Nachruf

19. Mai 2016

Klara Wiederkehr–Erni

Klara Wiederkehr–Erni
Grosswangen

Unser Mueti, Klara Wiederkehr-Erni, wurde am 12. August 1929 in Egolzwil geboren. Als jüngstes Kind von Johann und Berta Erni-Kaufmann wuchs sie mit zwei Brüdern und zwei Schwestern auf dem Bauernhof mitten im Dorf auf. 

Ihre Schulzeit, an die sie sich gerne erinnerte, verbrachte sie im kleinen Schulhaus im Dorf. Nach der Schulzeit verbrachte Mueti drei Jahre im Haushalt ihrer Schwester Berta in Sempach. In dieser Zeit lernte sie unseren Vati kennen, der in Sempach auf den Hof kam, um Geschäfte zu machen. Drei Jahre später absolvierte Mueti in Sursee die Haushaltungsschule, heute Bäuerinnenschule genannt. Danach arbeitete sie ein Jahr lang bei Familie Hunkeler, Oberkirch, im Haushalt.

Am 7. Mai 1951 heiratete Mueti unseren Vati Toni Wiederkehr und zog ins «Moos». Hier verbrachten unsere Eltern ihr ganzes Leben. Mueti und Vati haben es sehr gut verstanden, ihre Arbeiten so aufzuteilen, dass sie beide zusammen und doch eigenständig ihre Aufgaben bewältigen konnten. Sie haben den kleinen Bauernhof zu einem erfolgreichen Unternehmen gemacht, das ihnen ermöglichte, ihre Kinder in einem guten Umfeld aufzuziehen.
Schon nach einem Jahr kam Anton, das erste Kind, auf die Welt, dem noch zehn Geschwister im Zeitraum von 20 Jahren folgten.

Mueti meisterte diese arbeitsintensive Zeit vorbildlich. Dank ihrer Gelassenheit, ihrem Optimismus, ihrer Zuversicht und Ruhe, die sie das ganze Leben auszeichneten, gelang es ihr wunderbar, alles unter einen Hut zu bringen. Von ihrer sozialen Kompetenz und ihrem Organisationstalent, ihrer lebensbejahenden, positiven Ausstrahlung hätte sich mancher Manager ein Stück abschneiden können. Von klein auf wurden wir Kinder fest in das soziale Gefüge mit eingebunden. Umsichtig und klug hat sie allen kleinere Aufgaben und Pflichten zugeteilt.

Mueti beklagte sich selten über zu viel Arbeit. Wenn ihr in schwierigen Zeit alles über den Kopf zu wachsen drohte, hörten wir von ihr höchstens einen Seufzer oder den Ausspruch: «Es geht schon.» Wir Kinder haben bei Mue­ti eine Lebensschule kennengelernt, die uns ermöglicht hat, später unser eigenes Leben erfolgreich in die Hände zu nehmen.

Unser Mueti fühlte sich auch wohl in der Kirchgemeinschaft. Sie hatte einen tiefen Glauben und verehrte die Muttergottes und verschiedene Heilige.

Freizeitbeschäftigungen hatte Mue­ti früher keine, da sie keine Freizeit hatte. So hat sie oft aus der Not eine Tugend gemacht und ihre Kreativität und ihre Freude mit dem Nützlichen verbunden. Sie hatte immer einen wunderschönen Garten. Dank ihres grünen Daumens reiften darin viele verschiedene Gemüse, Beeren und Früchte heran. Auch als Köchin war Mueti im Element. Sie hat wunderbare Gerichte auf den Tisch gebracht, die meisten Zutaten kamen von Hof und Garten, frisch und von bester Qualität. Abends sass sie oft an der Nähmaschine, flickte Arbeitskleider und liess es sich nicht nehmen, ab und zu für uns Kinderkleider zu schneidern, was ihr viel Freude machte.

Als die ältesten Kinder etwas grös­ser wurden, engagierte sich Mueti auch ausserhalb der Familie. Sie war im Vorstand des Frauenvereins, Gründungsmitglied des Frauenturnvereins und sie hat als Nachtwache im Altersheim gearbeitet. Mit ihren langjährigen Freundinnen traf Mueti sich gerne zu einem Jass, einem Schwatz oder einem Ausflug. Die Gesundheitsvorsorge war Mue­ti wichtig. Neben viel Bewegung und gesundem Essen kannte sie sich bestens aus mit bewährten Hausmitteln, verschiedenen Tees, selbst gemachten Salben und Wickeln.

Vor ein paar Jahren, als es Mueti und Vati noch gesundheitlich gut ging, haben sie ab und zu kleine Tagesausflüge unternommen, sind essen gegangen und haben ihre längst verdiente Freiheit, über den Tag zu verfügen, sehr genossen. Mueti fühlte sich wohl in ihrer Grossfamilie, sie liebte klare Strukturen und Traditionen, war aber Neuem gegenüber stets aufgeschlossen. Unkonventionellen und schwierigen Entscheidungen in der Familie stand sie sehr loyal und wohlwollend gegenüber. Mueti war ein überaus liebenswerter Mensch, sie stand im Leben wie ein tief verwurzelter Baum, dem ein Sturm nicht viel anhaben kann, aufrecht und bescheiden und war immer da, wenn sie helfen konnte.

Ihre grosse Liebe galt den Kindern. Als Mutter von elf Kindern, Grossmutter von 32 Enkelkindern und Urgrossmutter von 21 Urenkeln war sie vor allem eines: das Mueti. Alle empfing sie mit offenen Armen. Kinder hüten war ihr bis ins hohe Alter nie zu viel. Die grossen Familienfeste, wenn alle zusammen im «Moos» versammelt waren, liebte sie sehr. Das letzte Fest feierten wir am 12. August 2014 zu ihrem 85. Geburtstag. Im «Moos» liefen alle Fäden zusammen. Mueti wusste Bescheid, Mueti wurde um Rat gefragt, Mueti kannte sämtliche Namen und Geburtstage von allen Mitgliedern der Grossfamilie.

Vor vier Jahren machte sich bei Mueti eine Magenkrebserkrankung bemerkbar. Nach einer grossen Operation erholte sich Mueti langsam und konnte wieder ein fast normales Leben führen. In dieser Zeit haben die Kräfte von Vati abgenommen. Mit Hingabe pflegte sie ihn, dass er in seinem geliebten Zuhause bleiben konnte.

Im letzten Herbst ist die Krankheit erneut zurückgekehrt. Tapfer ertrug Mueti die Diagnose, die Therapien und Schmerzen. Dazu musste sie im April den Tod von Vati verkraften.

Am Dienstag, 9. Juni 2015, nur zwei Monate nach Vatis Tod und eine Woche nach dem Einzug ins Betagtenzentrum Linde, hat sie die Augen für immer geschlossen.

Liebes Mueti, du warst nie auf Ruhm und Erfolg aus, du hast dich immer ein Stück über das Glück der andern definiert. Als Mensch, der so viel Güte, Wärme und Kraft ausstrahlte, wirst du immer unser Vorbild bleiben.

Deine Familie