Nachruf

29. September 2016

Josef (Sepp) Kurmann

Rohrmatt/Willisau

Josef Kurmann wurde am 11. Mai 1944 als drittes Kind des Johann und der Louise Kurmann-Kunz in der «Scheimatt», Rohrmatt, geboren. Er konnte zusammen mit seinen drei Brüdern und der Schwester eine unbeschwerte Jugendzeit erleben, bis sein um ein Jahr älterer Bruder plötzlich an Hirnhautentzündung erkrankte und 1949 viel zu früh verstarb. Die ganze Familie musste sich einer intensiven ärztlichen Kontrolle unterziehen. Bei Sepp wurde Tuberkulose festgestellt und er wurde daher für ein Jahr nach Davos ins Sanatorium eingewiesen. Er hatte starkes Heimweh und vermisste seine Familie, weil ihn die ganze Zeit fast niemand besuchen konnte. Zurück aus Davos, musste er dann in die Rohrmatt zur Schule. Auf dem Schulweg ging es oft lustig zu und her, wenn man sich mit den Nachbarskindern raufen konnte oder der Heimweg durch die Wigger führte, was die Mutter nicht besonders begeisterte, auch wenn hie und da, zwecks Vermeidung von Strafen, eine Forelle oder zwei als Geschenk mitgebracht wurden.

Schon als Bub wäre Sepp lieber sofort Bauer geworden, als jahrelang die Schulbank zu drücken. Für ihn waren nicht die Schulbücher, sondern die Natur, sein Instinkt und die alten Bauernregeln Lehrmeister. Er war sein Leben lang neugierig und wissbegierig und hat sich durchs Lesen ein breites Wissen angeeignet. In dieser Zeit wurde der Hof Scheimatt noch von unserem Vater und seinem Bruder Josef bewirtschaftet. Onkel Josef war ein begeisterter Pferdeliebhaber und die Liebe zu den Pferden sprang schon damals auf den jungen Göttibueb Sepp über. Leider starb Onkel Sepp schon 1954 und unser Vater bewirtschaftete von da an die «Scheimatt» alleine. Man war also auf fremde Hilfe von Nachbarn oder Verwandten angewiesen. Traktoren und Maschinen waren damals noch rar, womit die Pferde eine grosse Hilfe zur Bewältigung der mühsamen Feldarbeiten in dieser hügeligen Landschaft waren. Einer dieser Helfer war Onkel Emil, der ein paar Jahre als Karrer auf der «Scheimatt» tätig war und sich gleichzeitig auch engagiert um die praktische Ausbildung der jungen Generation kümmerte. Hier wurde wohl die Basis für Sepps Vorliebe für die Landarbeit gelegt. Den Stall überliess er lieber dem Vater und dem Bruder Bernhard.

1964 absolvierte Sepp die Kavallerie- Rekrutenschule und wurde anschlies­send in das Dragoner Schwadron 22 eingeteilt. Es erfüllte ihn mit besonderem Stolz, dass er alsbald sein Lieblingspferd Zechi vom Bund ersteigern konnte. Zu seinem grossen Leidwesen  wurde im Jahre 1972 die Kavallerie abgeschafft. Dies minderte aber keineswegs seine Begeisterung für den Pferdesport und die Pferdezucht. Er nahm zu dieser Zeit an vielen Springen teil, auch wenn er oft stundenlang zu diesen Veranstaltungen hin reiten musste. Parallel dazu setzte er die Tradition des Pferdezüchtens auf der «Scheimatt» fort. Auf seine selbst gezüchteten Pferde war er sehr stolz. Gerne tauschte er sich stundenlang aus mit unserem Onkel, Pater Ulrich, der im Kloster Einsiedeln ebenfalls für die Pferdezucht zuständig war.

1972 übergab unser Vater den Hof an seine beiden Söhne Sepp und Bernhard, den sie nun gemeinsam bewirtschafteten. Zusammen haben sie den Hof aufgebaut, erweitert und auf den letzten Stand gebracht. Natürlich mussten sie auch viel und streng arbeiten. Die Schweinezucht und der Ackerbau waren Sepps Bereiche auf dem Hof, welche er mit Herzblut betreute. Viele mechanische, selber geplante und geschweisste Einrichtungen auf dem Hof zeugen von seinem handwerklichen Geschick. Büroarbeiten waren nie seine Welt, viel lieber war er als sicherer, talentierter Chauffeur und Maschinist unterwegs. Auch das exakte Arbeiten, sei es beim Ackern oder Schwaden, beim Kartoffelnsetzen, war ihm immer wichtig. Der Acker musste eben sein und die Furchen gerade gezogen.

Die Pferde waren sein Hobby und seine Leidenschaft. Unzählige Stunden verbrachte er im Pferdestall und auf dem Reitplatz. Neben dem Springreiten befasste Onku Sepp sich auch mit dem Fahren. Im Winter beglückte er seine Nichten und Neffen zwischendurch mit Schlittenfahrten durchs Rohrmatt-Tal. Er war überglücklich, als später auch die Nichten und Neffen Interesse für die Pferde zeigten. Besonders Monika und Renate wuchsen zu begeisterten Pferdeliebhabern heran. Erfolgreich hat Onku Sepp Renate jahrelang im Reitsport begleitet, beraten und unterstützt, bis es seine Gesundheit nicht mehr zuliess. Der Onku Sepp wurde zur Legende auf vielen Reitplätzen.

Im Jahre 1992 musste die Familie Abschied nehmen von ihrem lieben Vater. Ein weiterer Schicksalsschlag in seinem Leben war die Diagnose Lungenkrebs im Jahr 1995, von dem er sich gut erholte. Bald konnte er seine Tätigkeiten auf dem Hof wieder aufnehmen und während 18 Jahren beschwerdefrei verrichten. Es war Sepp nicht vergönnt, eine eigene Familie zu gründen. Aber er war immer voll integriert und bis an sein Lebensende liebevoll betreut in der Familie seines Bruders Bernhard. Er nahm mit Freude an Familienfesten teil und genoss die geselligen Stunden. Auch war er stolzer Götti von Emil, Bernhard und Andrea. Die Neffen und Nichten und später auch die Grossneffen und Grossnichten liebten den Onku Sepp, weil er oft mit ihnen werkelte und bastelte und ihnen sein breites Wissen über Landwirtschaft, Handwerk und Natur weitergeben konnte. Die Samstagabende mit seinen Neffen und Nichten am grossen Küchentisch beim Salami- und Zopfverdrücken, waren legendär.
 
Sepp brauchte nie Ferien, wieso auch, wenns zu Hause so schön ist. Lieber hat er über die weite Welt gelesen oder sie im Fernsehen verfolgt. Die «Scheimatt» verliess er kaum oder dann höchstens für Pferdeanlässe. Jährlich auf dem Programm stand die Promotion in Avenches. Auch viele Krimis hat er in seiner Freizeit regelrecht verschlungen. Er liebte die Kontakte mit seinen Verwandten, Bekannten und Nachbarn und wusste immer etwas zu erzählen. Während 22 Jahren war er auch engagierter Kassier der Stras­sengenossenschaft Breiten-Mettenberg-Scheimatt. Sepp war ein friedlicher und umgänglicher Mensch, nie verlegen um einen träfen Spruch. Sein bissiger Humor war legendär. Richtig wütend wurde er nur, wenn ihm weltfremde «Bürohengste» ins Gehege kamen.
 
Im Jahr 2000 übergab Sepp seinen Anteil vom Hof seinem Göttibuben Bernhard und er war froh, die Verantwortung abgeben zu können. Aber natürlich war er weiterhin eine grosse Stütze des Familienbetriebes. Leider mussten wir zwei Jahre später auch Abschied nehmen von unserer geliebten Mutter. Schwierig für ihn war auch der Auszug aus dem alten Bauernhaus im Jahre 2009 ins «Stöckli». Nach und nach wusste er aber auch die Vorteile des neuen und modernen Wohnens zu schätzen. Zudem war er damit noch näher bei seinen geliebten Grossneffen und Grossnichten.

Seit 2013 war seine Gesundheit nicht mehr so stabil und es waren immer wieder Kur- und Spitalaufenthalte nötig. Trotzdem konnte er immer wieder nach Hause, in die «Scheimatt», zurückkehren. Er liebte es, in dieser Zeit jeweils die Pferde zu besuchen, wenn möglich zu betreuen und einen Spaziergang um den Hof zu machen. Onku Sepp schätzte die kleinen Dinge im Leben, man konnte ihm mit einem währschaften feinen Zmittag oder ein paar Schenkeli eine grosse Freude bereiten.

Die letzten Wochen waren beschwerlich und kräftezehrend. Am Dienstag, 21. Juni, wünschte er ins Spital gehen zu dürfen, wo er am folgenden Tag, kurz nach Mittag, ruhig und friedlich für immer einschlafen konnte. Lieber Onku Sepp, du wirst uns fehlen, mit deinem Lachen, deinem Aufziehen und deinen träfen Sprüchen. Du bleibst in unseren Herzen.

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