Nachruf

18. Juli 2016

Jakob Tolusso-Kurmann

Rothenburg

Am 12. Juli 1930 erblickte Jakob Tolusso das Licht der Welt in Willisau.

Sein Vater ist in Italien, in Basaldella im Friaul, als Bauernsohn aufgewachsen. Die materielle Not der Familie zwang ihn, bereits mit elf Jahren das heimliche Friaul zu verlassen. Mit andern Männern zog er nach Österreich-Ungarn, um dort Arbeit zu suchen. 1913 kam er in die Schweiz, nach Willisau. Er legte Mosaik- und Bodenplatten, fertigte Fenster und Grabeinfassungen an. Als Fachmann arbeitete der Vater 1934 am Umbau der Pfarrkirche Rothenburg. Dabei hat er nicht ahnen können, dass sein Sohn Giacomo sich später mit der Familie in Rothenburg niederlassen und seine Urenkelin Gina in dieser Kirche getauft würde.

Jakobs Vater heiratete Maria Portolan aus Basaldella. Ihnen wurden sechs Kinder geschenkt, fünf Söhne und eine Tochter. Jakob war der zweitjüngste. Dank liebevoller, fürsorglicher Eltern erlebte er mit seinen Geschwistern eine frohe Jugendzeit. Der Vater verwirklichte auch seinen Traum, ein eigenes Geschäft aufzubauen, und gründete die heute noch bestehende Steinindustrie Tolusso an der Ettiswilerstrasse in  Willis­au. Gerne hatte Jakob mit dem Vater Weihwassersteine geschliffen und die Mutter unterstützte er im gros­sen Gemüsegarten. Mit Freude diente er in der Kirche als Ministrant.

Die Grund- und Mittelschule besuchte Jakob Tolusso in Willisau. Es war damals nicht einfach, als Italiener in der Schweiz zu leben. Von seinem Berufswunsch, Lehrer zu werden, musste er absehen. Als Nichtschweizer hätte er keine Stelle gefunden. Noch 1952 wurde seine Bewerbung für eine Stelle in der kantonalen Verwaltung abgelehnt, trotz der Lehrabschlussprüfung im KV im ersten Rang. Bei seinem Lehrmeister war er dank seiner Zuverlässigkeit so geschätzt, dass er ihm bei längerer Abwesenheit den Tresorschlüssel anvertraute.

1954 hat sich Jakob Tolusso mit seinen Brüdern entschlossen, die Schweizer Staatsbürgerschaft zu beantragen. Offenbar waren die «Tolusso» die erste Italienerfamilie, die in Willisau eingebürgert werden sollte. Viele Vereine gaben positive Empfehlungen ab. Trotzdem hat der Ortsbürgerrat das Gesuch auf Einbürgerung abgelehnt. Schliesslich entschied die Bevölkerung an einer Urnenabstimmung zu ihren Gunsten.

Nun durfte Jakob die Rekrutenschule absolvieren. Darauf war er sehr stolz. Grossen Wert legte er auf das Erlernen der Sprachen. So erweiterte er seine Französischkenntnisse in Rolle, die englische Sprache perfektionierte er in Southampton. Eine gute Beziehung zu den Eltern und Geschwistern pflegte er sehr. Der Familientradition entsprechend, waren gegenseitige Hilfe und Unterstützung stets eine Selbstverständlichkeit. Über lange Jahre hat er sich um die betagte Mutter gekümmert und sie liebevoll betreut.

Seine berufliche Laufbahn führte Jakob Tolusso von der Leinenweberei Langenthal in die Papierfabrik Cham. Da begegnete er seiner künftigen Frau, Emma Kurmann aus Luthern. 1971 hat er die Lebensstelle in der damaligen Schweizerischen Bankgesellschaft in Emmenbrücke, heute UBS, angetreten. Hier, wie bei den früheren Arbeitgebern, wurde er als starke Persönlichkeit und als Mitarbeiter, dem das Wohl der Mitmenschen am Herzen liegt, sehr geschätzt.

1967 heiratete er seine Emma in der Wallfahrtskirche Luthern Bad. Die beiden glücklichen Geburten der Töchter, Sandra 1969, Claudia 1971, erfüllten ihn mit Dankbarkeit und grosser Freude. Die Familie zog 1972 nach Rothenburg in das Eigenheim. Hier schätzte er das aktive Gemeindeleben. Für die Kirchgemeinde amtete er als Präsident in der Rechnungsprüfungskommission, engagierte sich in sozialen Institutionen als Kassier.

Jakob Tolusso war ein sehr geselliger Mensch und pflegte dies mit seinen Freunden, seiner Familie und Verwandten oft bei einem Jass und feinem Essen. Dabei durfte das Dessert nicht fehlen.

Er war ein warmherziger, pflichtbewusster Gatte und liebevoller Vater, dem die Familie über alles ging. Die Ferienzeiten in Italien und die gros­sen Familientreffen im Friaul waren für uns alle schöne Erlebnisse. Seinen Ursprung, seine Wurzeln zu erleben, zu hören, wie er Italienisch und Friulanisch sprach, war ein reines Vergnügen. Da blühte er auf. Sein Beziehungsnetz schloss die ganze Verwandtschaft mit ein. Das hat sein und unser Leben bereichert. Die Verwandtschaftsbesuche in Italien, Kanada, USA boten ihm viel auf der menschlichen Ebene. Dabei konnte er auch seinen Interessen an Kunst, Musik und Architektur nachgehen und seine Sprachgewandtheit ausleben.

Nach dem 70. Geburtstag bekam Jakob Tolusso die Diagnose Darm- und Leberkrebs. Da ist er am Tor des Todes gestanden. Es war wie ein Wunder und ein grosses Geschenk, dass er die Krankheit überlebte und sich wieder erholt hat. So gut, dass ihm noch ein lang ersehnter Wunsch in Erfüllung gegangen ist. 2003 fuhr er mit seiner Frau Emma mit dem Kreuzfahrtschiff von Vancouver nach Alaska durch eine wunderschöne Fjordlandschaft. Ein besonderes Erlebnis war ein Rundflug mit einem Wasserflugzeug. Waren doch Flugstunden und Fliegen in jungen Jahren seine Passion. Er hat es verstanden, auf Reisen und zu Hause das Positive und Schöne bewusst zu geniessen. 2007 durfte Jakob Tolusso mit grosser Freude erleben, wie seine Enkelin Gina das Licht der Welt erblickte. Während den vergangenen neun Jahren verfolgte er mit grosser Anteilnahme ihre Entwicklung. Wir feierten am 2. April 2016 zu Hause am Familientisch Ginas Erstkommunion. Schön, dass wir dies noch gemeinsam erleben durften.

Nach einem Spitalaufenthalt im August 2015 haben Jakobs Kräfte vermehrt nachgelassen. Dank der Unterstützung durch die Spitex bei der Pflege und der Hilfe von Geschwistern und Freunden konnte er zu Hause bleiben. An dieser Stelle an alle einen ganz herzlichen Dank. Er genoss seine geliebte Stube, den Sonnenschein auf der Terrasse. Die liebevollen Besuche freuten ihn ganz besonders. Jakob sagte immer wieder: «Haben wir es schön», verbunden mit grosser Dankbarkeit. Am Mittwoch, 20. April 2016, es war ein strahlender Frühlingstag, starb er an den Folgen einer Lungenentzündung.

Wir sind unendlich dankbar für die Liebe, Grossherzigkeit und Weltoffenheit, die uns Jakob Tolusso mit auf den Weg gegeben hat. In liebevoller Erinnerung bleiben wir mit ihm stets verbunden.         Deine Familie