2023 gab es so viele Delikte wie noch nie

Die Strafverfolgungsbehörden hatten 2023 gehörig viel zu tun. Die Fallzahlen erreichten einen neuen Höchstwert. Die Drogenkriminalität bringt die Staatsanwaltschaft an die Kapazitätsgrenze.

Unter dem Einfluss von Drogen, Alkohol oder Medikamente gab es 2023 im Kanton Luzern 226 Verkehrsunfälle. Foto Keystone
Stephan Weber

«Es war ein sehr intensives Jahr» sagte Oberstaatsanwalt Daniel Burri am Dienstag vor Medienschaffenden bei der Präsentation des Jahresberichts. Mit vielen Zahlen und Diagrammen untermalte der Oberstaatsanwalt das vergangene Jahr. Eine Zahl, die dabei besonders ins Auge stich: 54 451. So viele Fälle gingen bei den Strafverfolgungsbehörden im letzten Jahr ein. Das sind rund 2500 Fälle mehr als im bisherigen Rekordjahr 2017. Trotz «hohem Arbeitsdruck» hätten 95 Prozent der Fälle erledigt werden können, hiess es. Fast 3000 Delikte sind offen. Die vom Regierungsrat beschlossene Stellenaufstockung könne der Staatsanwaltschaft mit ihren zurzeit 162 Mitarbeitenden «eine gewisse Entlastung bieten», so Daniel Burri.

Die Hauptdeliktsgruppe – fast 29 000 Fälle – betrafen Verkehrsdelikte, also Taten, die im Strassenverkehr verübt wurden. Darunter fällt das Missachten von Verkehrsregeln, Alkohol am Steuer oder Fahrerflucht. Gegenüber dem Vorjahr sind diese Delikte um fast 2000 Fälle gestiegen. Bussen und Geldstrafen spülten fast 11 Millionen Franken in die Kassen. Das sind 1,3 Millionen Franken mehr als budgetiert. Am zweitmeisten Fälle gab es bei den Vermögensdelikten, gefolgt vom Übertretungsstrafgesetz. Letzteres regelt etwa, wer durch Trunkenheit öffentliches Ärgernis erregt.

Drogenkriminalität macht Sorgen

Die grösste prozentuale Zunahme von Fällen gab es beim Betäubungsmittelgesetz. Dort waren gegenüber dem Vorjahr 30 Prozent mehr Fälle zu verzeichnen. Der Anstieg sei vor allem auf die vermehrten Anzeigen beim Drogenkonsum zurückzuführen, sagte der oberste Strafverfolger. Der Anstieg, so Burri, sei aber mit Vorsicht zu geniessen. Die Zahlen würden je nach Polizeikontrollen stark schwanken. Vielmehr Sorgen bereitet der Staatsanwaltschaft die interkantonale und internationale Drogenkriminalität. Der schwere Drogenhandel weite sich europaweit aus und binde grosse Ressourcen bei der Luzerner Staatsanwaltschaft. «Wir führen aktuell mehrere grosse Fälle, wo wir mit der Bundesanwaltschaft zusammenarbeiten», sagte Burri auf entsprechende Nachfrage. «Die organisierte Drogenkriminalität ist ein grosses Thema, das uns beschäftigt.»

Jugendkriminalität «kein Thema»

Bei der Jugendkriminalität kam es 2023 zu einer Fallzunahme von 22 Prozent. Gezählt wurden 1812 Fälle, das ist eine Zunahme von 334 Fällen gegenüber Vorjahr. Daniel Burri relativierte am Dienstagmorgen: «Die Gewaltkriminalität bei den Jugendlichen ist in den einzelnen Delikten tief und jedes Jahr grossen Schwankungen ausgesetzt.» Ein Trend ableiten lasse sich deshalb nicht. Die Jugendkriminalität sei im Kanton Luzern, im Unterschied zu grösseren Städten wie etwa Zürich, «kein Thema.» Eine Zunahme der Fälle registrierten die Strafbehörden bei den Vermögensdelikten. Dazu zählen kleinere Ladendiebstähle, aber auch schwere Delikte wie Raubüberfälle. Vermehrt komme es unter Jugendlichen zu Tätlichkeiten oder zu Raufhandel. «Es wird schneller zugeschlagen», sagte Burri.

Vier von fünf sind Männer

Zu den Beschuldigten: Vier von fünf Delinquenten der im Jahr 2023 bearbeiteten Fälle waren Männer. In 96 von 100 Fällen waren die Täter beim Delikt «Strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Familie» männlich. Die Frauen verübten derweil die meisten Delikte im Bereich der Bestechung, Amtsgeheimnisverletzung oder Amtsmissbrauch. Der Anteil der ausländischen Delinquenten lag im vergangenen Jahr bei 45 Prozent.

Im letzten Jahr gab es neun Tötungsdelikte

Zwei Themen stellte die Staatsanwaltschaft bei der Präsentation ihres Jahresberichts ins Zentrum. Zuerst ging es um die Tötungsdelikte im Kanton Luzern in den letzten sechs Jahren. Dabei wurden in den Jahren 2018 bis 2023 im Kanton Luzern 42 versuchte und vollendete Tötungsdelikte verübt. 2023 waren es 9 Delikte. In zwölf der insgesamt 42 Fälle führten die Delikte zum Tod des Opfers. In 30 Fällen blieb es glücklicherweise beim Versuch und das Opfer überlebte. Zum Tatort: 20 Fälle fanden in den privaten Räumen statt, 19 Fälle ereigneten sich im öffentlichen Raum. Knapp ein Drittel der Fälle ereignete sich innerhalb der Partnerschaft oder im familiären Umfeld. In sechs von 15 Fällen handelte es sich um Femizid, dem Tötungsdelikt an Frauen und Mädchen. Augenfällig sei der hohe Anteil an Tätern mit psychischen Problemen, so Burri. In fast der Hälfte der Fälle sei beim Täter oder der Täterin eine psychische Störung diagnostiziert worden. In 38 der 42 Fällen waren die Täter Männer.

Unterwegs mit 3,3 Promille

Das zweite Fokus-Thema war das Fahren in angetrunkenem Zustand oder unter Drogen oder Medikamenteneinfluss. In 226 von insgesamt 2113 Verkehrsunfällen hatten die Verkehrs-
teilnehmer zu viel Alkohol, Drogen oder Medikamente intus. Es gab keine tödlichen Unfälle, bei denen Betäubungsmittel hauptursächlich für das Unfallgeschehen waren, hiess es. In neun von zehn Fällen waren es Männer, die unter Drogeneinfluss standen. Der Anteil der Delinquenten aus der Schweiz liegt im Durchschnitt bei 55 Prozent. Sowohl beim Fahren in angetrunkenem Zustand als auch das Fahren unter Drogen- oder Medikamenteneinfluss haben die Fallzahlen in den vergangenen Jahren zugenommen. Unrühmlicher Spitzenreiter war 2023 jener Autolenker, den die Polizei mit 3,3 Promille erwischte. (swe)

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