8,59-Millionen-Projekt in der Pipeline

Die Preise auf dem Schweizer Holzmarkt sind in den letzten Jahren regelrecht eingebrochen. Die Korporation Wikon sieht in einer zentralen Hackschnitzelheizung und einem Wärmeverbund die ideale Lösung für die regionale Verwertung des natürlich nachwachsenden Rohstoffs.

Das geplante Projekt (1. Etappe). Plan zvg
Stefan Bossart

«Die Korporation Wikon hat sich nie gescheut, Probleme anzupacken und zu lösen», sagt der Präsident der Korporation Wikon, Christof Blättler. Legte die Korporation 1908 den Grundstein für die bis heute von ihr betriebene Wikoner Wasserversorgung, streben deren Mitglieder nun einen Wärmeverbund an. In der Stockermatte  an der Industriestrasse soll sie entstehen, die Heizzentrale, die über ein drei Kilometer langes Leitungsnetz Energie für umgerechnet 650 Einfamilienhäuser liefert. CO₂-neutral mit Wiggertaler Holz. Als Abnehmer angepeilt werden in einer ersten Etappe vor allem die an der Industriestrasse ansässigen Wikoner und in einer 2. Etappe auch Reider Unternehmen. Deren Vertreter sowie Gemeinderäte aus den beiden Dörfern und weitere Interessierte nahmen am Mittwochabend in der Wikoner Mehrzweckhalle Platz. Die rund 40 Anwesenden liessen sich aus erster Hand über das auf 8,59-Millionen Franken veranschlagte Projekt informieren

Rund 40 Personen liessen sich am Mittwochabend vom Wikoner Korporationspräsident Christof Blättler über das Projekt informieren.

in der Region nutzen

Einen nachwachsenden Rohstoff aus der Region für die Region nutzen,  und dabei einen «wesentlichen Beitrag» an die vom Bund bezüglich CO₂-Emissionen bis 2050 geforderte Netto Null Bilanz zu leisten. Dies ist das Ziel des Wärmeverbundes und entspricht jenem, welches auch der Regionalplanungsverband «zofingenregio» anstrebt. An den jährlich von der Anlage benötigten und zu Schnitzeln verarbeiteten 5000 Kubikmetern Festholz mangelt es nicht. Im Gegenteil. «In den letzten Jahren ist der Holzmarkt in der Schweiz und insbesondere in unserer Region regelrecht eingebrochen», sagt Christof Blättler. Einerseits mache den Waldeigentümern und den verarbeitenden Betrieben das billig importierte Holz  aus den Nachbarländern zu schaffen. Andererseits habe die durch die trockenen Witterungsbedingungen entstandene Käferproblematik zu einem Überangebot geführt. «Eine Verbesserung der Lage erreichen wir nur, wenn wir das Zepter in die eigenen Hände nehmen», sagte Korporationspräsident Christof Blättler am Infoabend. 

Worte, denen Taten vorausgingen: 2019 gab der Vorstand eine Machbarkeitsstudie für den Bau eines Wärmeverbundes in Auftrag, im Juli dieses Jahres beschlossen die Korporationsbürger mit «überwältigender Mehrheit» den Kredit für ein Vorprojekt. Einerseits, weil neben den ideellen Zielen auch die Wirtschaftlichkeit gegeben ist. Andererseits stärkten den Korporationsbürgern insbesondere drei Unternehmen den Rücken: Der Gemüseanbaubetrieb Schildknecht und die Flachglas AG sind an der CO₂ neutralen Energie interessiert. Ebenso wie das Transportunternehmen Planzer, das an der Industriestrasse ein neues Logistikzentrum plant (der WB berichtete). «Mit diesen drei Schlüsselkunden hätten wir bereits eine Auslastung von ca. 60 Prozent», sagt Xaver Buck, Kassier und Vorstandsmitglied der Korporation. Nun gehe es darum, verbindliche Absichtserklärungen zu schaffen. Diese will die Korporation bis Ende 2020 mit sämtlichen Interessierten tun, um das Projekt weiter vorantreiben zu können.    «Wir sind sehr zuversichtlich, dies zu schaffen», sagt Buck. Einmalig sind die Anschlussgebühren. Jährlich wiederkehrend der Arbeits- (Energie) und Leistungspreis (Unterhalt). «Alles eingerechnet, gehen wir von einem Preis von zirka 12 Rappen pro Kilowattstunde aus – dies ist im Markt ein sehr gutes Angebot», so Buck. Grund? Anders als ein Privatunternehmen sei die laut Reglement zur Gemeinnützigkeit verpflichtete Korporation nicht an einer Gewinnmaximierung interessiert. 

Die Finanzierung

Ökologisch und ökonomisch heizen und dabei die Wärmeerzeugung mit der Korporation an «einen verlässlichen Partner» auslagern: Die Verantwortlichen priesen das Fernwärmeprojekt ihrer Zuhörerschaft als Sorglospaket an, untermauerten dies mit Anschlussbeispielen und Tarifmodellen. Die Korporation zeigte zudem auf, wie sie das Bauprojekt stemmen will: Mit der Gründung einer AG (Stammkapital 1 Million Franken), in der sie mit 52 Prozent Aktienanteil den Lead übernimmt. «Mögliche Partner wären die Genossenschaft Wald Wiggertal, andere Korporationen, die Einwohnergemeinde oder der Kanton Luzern». Die restlichen finanziellen Mittel erhofft sich die Aktiengesellschaft durch die Anschlussgebühren (2 Millionen) und einen Bankkredit (5,59 Millionen) zu generieren.

Wikoner Stimmberechtigte haben ein gewichtiges Wort mitzureden

«Ob vom Kanton, zahlreichen Unternehmen oder der Gemeinde Wikon – bis jetzt erhielten wir durchwegs positive Reaktionen für unser Vorhaben», sagt Christof Blättler und fügt an: «Dies macht Hoffnung, dass ein innovatives Projekt Flügel bekommt.» Ein gewichtiges Wort haben dabei auch die Wikoner Stimmberechtigten mitzureden. Die fürs Heizgebäude vorgesehenen 2000 Quadratmeter grosse Parzelle an der Industriestrasse ist im Besitz der Gemeinde. Einerseits wäre eine Umzonung nötig, andererseits braucht es für die von der Korporation vorgeschlagene Übernahme im Baurecht die Zustimmung der Stimmbevölkerung. Das Geschäft soll gemäss aktuellem Zeitplan im Mai an der Gemeindeversammlung behandelt werden. Zudem entscheidet der Gemeinderat über eine Beteiligung an der AG. Klappt alles nach Plan, sind im Herbst 2023 der Spatenstich und ein Jahr später die Inbetriebnahme der Wärmezentrale geplant.

 

Stefan Bossart

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