Das Ja zu einer offenen Kirche

Anders als in früheren Pastoralraumversammlungen wurde am Dienstag nicht nur bei der kabarettistischen Jassrunde lebhaft diskutiert. Die Frage, wie aufgeschlossen und reformorientiert die katholische Kirche im Hürntal sein soll, stand bei den 60 anwesenden Stimmberechtigten auch bei den geschäftlichen Traktanden im Raum.

Soll der Pastoralraum Hürntal der «Allianz Gleichwürdig Katholisch» beitreten oder nicht? Diese Frage löste bei den 60 Teil­nehmerinnen und Teilnehmern an der Pastoralraumversammlung rege Diskussionen aus. Foto Anna Graf

von Katharina Jost

Toni, Kari und Co. – gespielt von Mitgliedern des Pastoralteams – liessen sich ausgiebig darüber aus, dass es im Pastoralraum Hürntal immer ein bisschen anders ist: die andere Predigt, der andere Sonntag und neu auch der etwas andere Kirchenraum, wo mehr als nur Liturgien stattfinden sollen. Am Jasstisch gingen die Meinungen über dieses etwas Anders-Sein auseinander. Und so war es dann auch bei den Diskussionen im Saal. Insbesondere bei der Frage, ob der Pastoralraum als Ganzer der reform­orientierten «Allianz Gleichwürdig Katholisch» beitreten soll.

Eine Allianz, die viel zu diskutieren gab

Pastoralteam und Pfarreirat sind bereits Teil der letztes Jahr entstandenen Organisation, der grosse Verbände wie der Schweizerische Katholische Frauenbund SKF, Jungwacht und Blauring und die Christliche Sozialbewegung KAB angehören. Das Ziel der Alianz ist eine gleichwürdige, gleichberechtigte und glaubwürdige katholische Kirche. Dafür will die Bewegung die Vernetzung von reformwilligen Einzelpersonen, Pfarreien bzw. Pastoralräumen, Organisationen und Initiativen verstärken, ihre Stimme erheben – im Moment insbesondere im laufenden synodalen Prozess – und ein Label schaffen für Pfarreien und katholische Organisationen, die gleichwürdig und gleichberechtigt zusammenarbeiten.

«Nicht unter dem Radar fliegen»

Aus der Hürntaler Versammlung wurde der Einwand genannt, es würde mit dem Beitritt eine Abkehr von der katholischen Kirche angestrebt und die Einheit gefährdet. Andere monierten, dass es zu wenig klar traktandiert gewesen sei, dass über diese Frage abgestimmt würde. Pfarreiratspräsidentin Irene Tschupp wies darauf hin, dass in der Einladung und in der Ausschreibung im Pfarreiblatt aufgeführt gewesen sei, dass der Beitritt zur «Allianz Gleichwürdig Katholisch» zur Diskussion stehe. Auf den Einwand, dass mit dem Beitritt eine Abkehr von der katholischen Kirche vollzogen werde, erwiderte Theologin Katharina Jost, dass es eben gerade nicht darum gehe, sich von der katholischen Kirche abzuwenden, sondern darin zu bleiben und die Kirche zu verändern. Dass 85 Prozent der Kirchenangehörigen Veränderungen wollen, sei auch in der synodalen Befragung klar zum Ausdruck gekommen. Unter den Versammlungsteilnehmenden bestand eine Unsicherheit darüber, ob es nicht reichen würde, wenn nur Pastoralteam und Pfarreirat dabei wären. Pastoralraumleiter Andreas Graf legte in einem sehr eindrücklichen Statement dar, warum es für ihn wichtig sei und ihn in seiner alltäglichen Arbeit unterstütze, mit anderen reformorientierten Pfarreien verbunden zu sein und eben nicht wie viele andere «unter dem Radar zu fliegen» und zwar vieles anders zu machen, aber nicht öffentlich dazu zu stehen.

Ein «zartes Pflänzchen»

Nach einem kurzen Unterbruch der Versammlung, in dem die Pfarreiratsmitglieder das Abstimmungsverfahren klärten, wurde abgestimmt: Zuerst über die Frage, ob zum jetzigen Zeitpunkt über die Zugehörigkeit zur «Allianz Gleichwürdig Katholisch» abgestimmt werden soll. Hier war etwas über die Hälfte der 60 Teilnehmenden dafür. Der Beitritt des Pastoralraums Hürntal zur reformkatholischen Allianz wurde dann mit einer klaren Zweidrittelmehrheit bei wenigen Gegenstimmen und einigen Enthaltungen angenommen. Die Versammlung zeigte, dass Demokratie und Synodalität in der Kirche – zumindest auf der pastoralen Seite – noch ein zartes Pflänzchen ist; aber auch, dass im Hürntal daran gearbeitet und fleissig geübt wird.

Personelle Veränderungen im Pastoralraum-Team

Neben Informationen aus dem Pastoralraum, insbesondere über die Ergebnisse des weltweiten synodalen Prozesses, waren auch die personellen Veränderungen Thema. Auf der Ebene des Personals wird Anna-Maria Raemy nach 17 Jahren als Katechetin den Pastoralraum Hürntal im Sommer verlassen. Katechetin Yvonne Zimmerli wird ihr Pensum im nächsten Schuljahr reduzieren. Vier junge Frauen gehören neu zum Pastoralraumteam: Die beiden Jugendarbeiterinnen Kim Rosko und Janine Leuenberger und die beiden Theologinnen in Ausbildung Michelle Wicki und Patricia Blum.

Interessante Geschichten der ehemaligen Kirchenräte

Durch die Fusion der Kirchgemeinden verkleinert sich der Kirchenrat und es braucht nur noch eine Rechnungskommission. Darum wurden aus diesen Gremien einige langjährige und sehr engagierte Mitglieder verabschiedet und mit grossem Dank bedacht. Der neue Präsident des Kirchenrats Hürntal, Mark Schlüssel, stellte gemeinsam mit der bisherigen Präsidentin des Uffiker-Buchser Kirchenrats und Mitglied des neuen Kirchenrats Hürntal, Rita Staffelbach, den Scheidenden einige Fragen zu ihrer Amtszeit.

Marco Fellmann, bisheriger Präsident des Dagmerseller Kirchenrats, erzählte, dass durch seine Intervention in letzter Minute das sogenannte Interniertendenkmal, welches schon beim Werkhof in der Abfallmulde lag, nicht entsorgt wurde, sondern wieder einen Platz an der Kirchenaussenwand bekam. Das Denkmal erinnert an die italienischen Männer, die während des Zweiten Weltkriegs als Internierte in Dagmersellen untergebracht waren.

Pius Fölmli, scheidender Dagmerseller Bauverantwortlicher, wollte dem neuen Kirchenratspräsidenten und Präsident des OK «Jubiläum 200 Jahre Kirche Dagmersellen», Mark Schlüssel, etwas Angst einjagen und erzählte vom pfingstlichen Wassereinbruch in die im Umbau befindliche Kirche. Aber Pius Fölmli konnte schnell beruhigen, es verlief glimpflich und der Umbau läuft nach Plan. Jubiläum und Wiedereinweihung können vom 15. bis 21. August stattfinden.

Wie viele exquisite Apéros Margrit Burtolf in ihrer Uffiker-Buchser Kirchenratszeit angerichtet und serviert hat, weiss nicht mal sie selbst. Aber auf jeden Fall waren diese legendär.

Der Buchser Sepp Gabriel, der sich ebenfalls aus der Kirchenratstätigkeit verabschiedet, erzählte mit einem zwinkernden Auge, dass er halt damals, als man ihn für den Kirchenrat anfragte und er noch im Gemeinderat war, nur gesagt habe, solange er im Gemeinderat sei, nehme er nichts Neues an. So sei er dann halt grad vom Gemeinderat in den Kirchenrat gerutscht.

Oliver Roth, der sich aus dem Uffiker-Buchser Kirchenrat zurückzieht, wurde eigentlich als Präsident für den Kirchenrat angefragt. Er sagte aber nur unter der Bedingung zu, dass nicht er, sondern Rita Staffelbach das Präsidium übernehme. «Eine weise Entscheidung», wie er sagte.

Ebenfalls nicht mehr dabei ist Thomas Vonarburg aus Buchs. Aus den beiden bisherigen Rechnungskommissionen verabschiedet wurden Alois Blum, Corinne Böhm, Patrick Zemp und Iwan Gisler. Neu als Bauverantwortlicher für den Ortsteil Dagmersellen wurde Patrik Meier begrüsst.

Dass es bei den Diskussionen in der Versammlung zum Teil kontrovers zu und her ging, tat der guten Atmosphäre und den herzlichen Begegnungen beim anschliessenden Apéro keinen Abbruch – im Gegenteil.

 

Weitere Infos: www.hukath.ch; www.gleichwuerdig.ch.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • HTML - Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Web page addresses and email addresses turn into links automatically.