890 Millionen Franken in der Reservekasse

Ein sattes Plus statt ein Defizit: Die Luzerner Staatsrechnung 2022 schliesst mit einem Überschuss von 204,5 Millionen Franken ab. Hauptgrund: weit bessere Steuererträge als erwartet.

Reto Wyss kann zum fünften Mal in Folge einen positiven Rechnungsabschluss verkünden. Foto Keystone
Stephan Weber

Dass Rechnungsabschlüsse besser ausfallen als prognostiziert: Daran hat man sich inzwischen gewöhnt. Der Kanton Luzern ist da keine Ausnahme. Vor knapp einem Jahr betrug die Differenz zwischen dem Budget und der Erfolgsrechnung 310 Millionen Franken. Heuer sind es «nur» 213 Millionen Franken. Konkret: Die Jahresrechnung 2022 schliesst bei einem Aufwand von 4,0 Milliarden Franken mit einem Plus von 204,5 Millionen Franken ab. Budgetiert war ein Fehlbetrag von 8,5 Millionen Franken. Letztes Jahr war der Überschuss ähnlich hoch: 201,4 Millionen Franken. Der Kanton schreibt damit zum fünften Mal in Folge einen positiven Abschluss. Und: Die letzten drei Jahre war das Plus immer höher als 200 Millionen Franken.

«Zahlen wecken Begehrlichkeiten»

Finanzdirektor Reto Wyss stellte am Mittwoch die Jahresrechnung zusammen mit Hansjörg Kaufmann, Dienststellenleiter Finanzen, vor. Der Regierungsrat tat dies wie gewohnt nicht mit einer Aneinanderreihung von Zahlen und Werten, sondern sprach in Bildern. Beim Schweizer Skistar Marco Odermatt habe man sich an gute Rennergebnisse gewohnt. «Die guten Abschlüsse des Kantons Luzern werden auch zur Gewohnheit», sagte Wyss. Das Ergebnis sei sehr erfreulich und zeige, dass die Finanz- und Steuerstrategie aufgehe. Nur: Grund zur Euphorie bestehe nicht. «Mir ist klar, dass derartige Zahlen Begehrlichkeiten wecken. Als Finanzdirektor muss ich aber die finanzielle Situation umfassend beurteilen. So stabil wie der Luzerner Staatshaushalt  ist, so instabil ist das Weltgeschehen.»

Viel höhere Steuereinnahmen

Was sind die Gründe für die schwarzen Zahlen? Neben den 192 Millionen Franken aus den Nationalbankgeldern - budgetiert waren 160 Millionen Franken – sind es vor allem Steuererträge, die weitaus üppiger flossen als erwartet. So fiel der Ertrag der juristischen Personen um 41 Millionen Franken besser aus als vorgesehen. Bei den natürlichen Personen wurde gar eine Verbesserung von 61 Millionen Franken verzeichnet. Der Anteil an den direkten Bundessteuern war um über 30 Millionen Franken höher als budgetiert. Und die Grundstückgewinnsteuer war 53 Millionen Franken höher als veranschlagt. Noch 2021 waren die Steuereinnahmen knapp 51 Millionen höher als 2022. Grund: Damals betrug der Steuerfuss 1.7 Einheiten, per 1. Januar 2022 wurde er auf 1,6 Einheiten gesenkt.

Neben den Abweichungen bei den Steuern sind die Zahlen in sechs der insgesamt zehn Konti besser als prognostiziert. Die Differenz gegenüber Budget liegt zwischen 0,2 und 11,1 Millionen Franken. Letzteren Wert betrifft die Soziale Sicherheit. Diese Budgetierung im Bereich Asyl- und Flüchtlingswesen sei schwierig, weil die Situation «volatil» und «mit grossen Unsicherheiten» verbunden ist, wie die Finanzdirektion in der Medienmitteilung schreibt.

Schlechter als prognostiziert fällt die Erfolgsrechnung in den Bereichen Öffentliche Ordnung/Sicherheit, Bildung, Gesundheit und Verkehr aus. Die Differenzen liegen zwischen 2,3 und 11,8 Millionen Franken. Bei der Bildung hätten die neuen Kantonsbeiträge an die Musikschulen, sowie höhere Beiträge für die Regelschulen wegen höherer Schulzahlen zu Mehrkosten geführt. Die Kosten für pandemiebedingte Mehraufwände beziffert die Finanzdirektion auf rund 10 Millionen Franken.

Hohe Nettoinvestitionen

Die Nettoinvestitionen sind seit Jahren hoch. Mit 195 Millionen Franken sind sie allerdings so hoch wie nie in den letzten Jahren. Letztes Jahr betrugen sie 152 Millionen Franken. Auch in den Folgejahren soll bekanntlich für Hochbauten und Strassenprojekte kräftig investiert werden. 2024 betragen die Nettoinvestitionen 244 Millionen Franken, 2025 und 2026 gar 260 Millionen Franken.

Mit dem Rechnungsabschluss 2022 steigt das Nettovermögen des Kantons Luzern auf 471 Millionen Franken. Zum Vergleich: Noch im Jahr 2000 betrugen die Nettoschulden des Kantons 2,5 Milliarden Franken. Auf dem Ausgleichskonto liegt als Reserve über 890 Millionen Franken. Geld, welches zur Bewältigung von kommenden Herausforderungen als Krisensicherung diene, erklärte Wyss. Den die Finanzperspektiven würden düsterer. So fallen 2023 die Gelder der Nationalbank in der Höhe von 160 Millionen Franken aus. Zudem seien die Kostenfolgen des Ukraines-Krieges unsicher. Im Aufgaben- und Finanzplan sind für die Jahre 2024 bis 2026 rote Zahlen zwischen 32 und 70 Millionen Franken budgetiert.

Der Mahnfinger

Beim finanzpolitischen Fazit am Schluss der nur knapp halbstündigen Medienkonferenz hob Finanzdirektor Wyss erneut den Mahnfinger. «Wir müssen auch an die nächste Generation denken und ihnen keine Schulden hinterlassen. Ziel ist es, weiterhin sorgsam mit unseren Geldern umzugehen, und für einen stabilen und ausgeglichenen Haushalt sorgen.» Es folgte ein Satz, den der Finanzdirektor nicht zum ersten Mal sagte: «Der Übermut von heute ist das Sparpaket von morgen.»

Stephan Weber

So reagieren die Parteien auf die Rechnung

Reaktionen Das Plus in der Luzerner Staatsrechnung 2022 ist von den Parteien erwartungsgemäss positiv aufgenommen worden. Die Bürgerlichen sehen sich in ihrer Finanzpolitik bestätigt. Die Linken fordern dagegen eine präzisere Budgetierung.

Die Grünen stellen in einer Mitteilung fest, dass sich der Kanton zum dritten Mal in Folge «positiv verrechnet» habe. Er müsse künftig realistischer budgetieren, um mehr Spielraum für Investitionen und Leistungen zu Gunsten der Bevölkerung zu schaffen.

Ähnlich äusserte sich die SP. «Es scheint, als wäre das oberste und wichtigste Ziel des Kantons Luzern, Geld zu äufnen, anstatt es der Bevölkerung weiterzugeben», heisst es in ihrer Mitteilung.

Die SP kritisierte die Schuldenbremse, die wichtige Investitionen zu Gunsten der Bevölkerung verhindere. Die Grünen fordern, dass mit den Überschüssen keine überdimensionierte Steuergesetzrevisionen finanziert würden, welche den finanziellen Spielraum wieder einschränkten.

Der Regierungsrat plant eine Steuerreform, die Kleinverdiener, Familien, betuchte Senioren und Firmen um 180 Millionen Franken entlasten soll. Auf deren Umsetzung pochte am Mittwoch die FDP. Die Reform setzte die durch den Jahresabschluss 2022 bestätigte «erfolgreiche kantonale Steuer- und Finanzstrategie» fort. Es sei wichtig, dass der Kanton wettbewerbsfähig bleibe.

Auch die Mitte sah sich durch den Jahresabschluss in ihrer Finanzpolitik bestärkt. Für die kommenden Jahre forderte sie eine bessere Priorisierung der Ausgaben, so dass ausgeglichene Budgets möglich seien. Als Herausforderungen sieht sie die ausbleibenden Nationalbankausschüttungen, Spätfolgen von Corona, der Ukrainekrieg und die Flüchtlinge. An der geplanten Steuergesetzrevision sei festzuhalten.

Auch die SVP fordert, dass die wegfallende Gewinnausschüttung der Nationalbank durch eine «gezielte Priorisierung» kompensiert werde, damit Steuerfusserhöhungen oder Sparpakete verhindert werden könnten. Ein ausgeglichener Staatshaushalt genüge aber nicht, um die Attraktivität Luzerns zu erhalten, Luzern müsse auch auf die durch die OECD-Mindestbesteuerung ausgelösten Veränderungen im Steuerwettbewerb reagieren.

sda

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