«Niemand ist stärker gewachsen als wir»

Markus Hodel hat die Hochschule Luzern während 16 Jahren geleitet. Am Freitag, 11. November, hat er seinen letzten Arbeitstag. Der Buttisholzer blickt zurück auf seine Tätigkeit, verrät seine künftigen Pläne und sagt, warum für ihn der Umzug in die Stadt nie in Frage kam.

Foto: Christian Reichenbach
Stephan Weber

Nach 16 Jahren geben Sie die Leitung der Hochschule Luzern ab. Mit welchen Gefühlen?
Mit guten. Die Hochschule Luzern ist gut aufgestellt. Auf dieser Basis lässt sich weiterarbeiten. Zudem freue ich mich auf mehr Freiraum. Die Kadenz in diesem Amt war sehr hoch. Letztlich ist es ein Privileg, aufhören zu können, wenn man «gsond ond zwäg» ist.

Was folgt nun?
Die grosse Leere befürchte ich nicht. Aber ja: Es ist ein Experiment. So viel freie Zeit hatte ich noch nie. Nur die Beine hochlagern werde ich aber nicht. Ich übernehme das Präsidium der Kapellenstiftung St. Ottilien in Buttisholz und das Amt als Präsident des Schweizerischen Akkreditierungsrates.

Letzteres sagt mir gar nichts. Was macht der Schweizerische Akkreditierungsrat?
Das tönt komplizierter, als es ist. In diesem Gremium geht es um die Betriebsbewilligungen der Schweizerischen Hochschulen. Diese müssen alle sieben Jahre ein Verfahren durchlaufen, damit sie Unterstützungsgelder erhalten. Kurz gesagt: Es ist vergleichbar mit einer Zertifizierung.

Warum haben Sie Ja gesagt zu diesem Projekt?
Es reizt mich. Zudem kenne ich aus meiner Tätigkeit den Hochschulbereich sehr gut. Die Akteure in der Hochschullandschaft sind mir bekannt, ebenso die politischen Abläufe.

Bei Ihrem Amtsantritt als Rektor der Hochschule im Jahr 2003 waren 2600 Studierende eingeschrieben und 600 Mitarbeiter für die HSLU tätig. Im letzten Jahr zählte man 8333 Studierende und 1933 Mitarbeitende. Wird die Hochschule Luzern noch weiterwachsen oder ist damit eine Grenze erreicht?
Von einer Grenze möchte ich nicht reden. Das Wachstum wird allerdings nicht im gleichen Ausmass weitergehen wie in den letzten zehn Jahren. Dafür gibt es mehrere Gründe: Demografisch, weil die Bevölkerung nicht mehr so stark wächst wie in der Vergangenheit. Dann auch, weil sich die Fachhochschulen stark etabliert haben und eine gewisse Marktsättigung da ist. Trotzdem sollte die Hochschule Luzern moderat wachsen und Marktanteile gewinnen, ohne dass die Qualität darunter leidet. Das ist kein einfacher Balanceakt.

Wie ist das Wachstum der Hochschule Luzern im schweizerischen Vergleich einzustufen?
Die Zahlen zeigen: In der Schweiz ist keine Fachhochschule in den letzten Jahren stärker gewachsen als die Hochschule Luzern.

Aus welchen Gründen?
Wir haben neue Angebote lanciert. Als erste und bisher einzige Fachhochschule in der Schweiz haben wir das Departement Informatik geschaffen. Das hat stark zu unserem Wachstum beigetragen. Zudem sind Informatikerinnen und Informatiker hochwillkommen auf dem Arbeitsmarkt.  

«Ein politisches Amt? Dafür bin ich zu alt. Dieses Kapitel ist für mich abgeschlossen.»
Markus Hodel

Was sind andere Bachelor- oder Masterstudiengänge, die an der HSLU besonders beliebt sind?
Es sind vor allem Studiengänge im Zusammenhang mit der Digitalisierung. Neben der Informatik etwa der Masterstudiengang «Applied Information Data Science», wo es um die Datenbearbeitung geht, die in immer grösserer und komplexerer Menge daherkommt. Auch sehr gefragt sind die Bachelorstudiengänge in Informations- und Cybersicherheit und Wirtschaftspsychologie.

Welche Studiengänge laufen weniger gut?
Den Bachelor Schmuckdesign mussten wir schliessen, weil es dafür schlicht keine genügende Nachfrage gab. Auch bei der Kirchenmusik ist das Interesse überschaubar. Dieses Studium möchten wir trotz kleiner Studierendenzahlen aber weiterführen – vor allem aus kulturellen und historischen Gründen. In der Zentralschweiz hat die Kirchenmusik Tradition.

Die HSLU wird von sechs Zentralschweizer Kantonen getragen, die aus teils völlig unterschiedlichen Lebensräumen stammen. Ist das eine Herausforderung?
Es sind unterschiedliche Räume, klar. Aber Meggen unterscheidet sich auch von Luthern. Und beide Orte liegen im Kanton Luzern. Matchentscheidend ist das nicht. Vielmehr lässt sich sagen: Die Zusammenarbeit unter den sechs Zentralschweizer Kantonen funktioniert sehr gut. Wir sind stolz darauf, eine Zentralschweizer Hochschule zu sein und für die Region eine Wirkung zu erzielen. Sei es in der Ausbildung von Fachkräften, in der Weiterbildung der Arbeitnehmenden oder in der Forschung und Entwicklung.

Macht das Konkordat auch künftig und in dieser Zusammensetzung Sinn?
Auf jeden Fall. Für uns ist das lebensnotwendig und unbestritten. Die Zusammensetzung wird nicht infrage gestellt. Bezüglich der Grösse unserer Hochschule muss man festhalten: Wir sind im gesamtschweizerischen Vergleich im Mittelfeld der Fachhochschulen anzusiedeln.

Von der Hochschule zur Universität. Die Uni Luzern erhält mit Verhaltenswissenschaften/Psychologie und Medizin/Gesundheitswissenschaften zwei neue Fakultäten. Findet das der Hochschulrektor eine gute Sache?
Grundsätzlich ist es gut, wenn sich alle Hochschulen in der Region gut entwickeln und eine Perspektive haben. Das nützt allen. Wenn es um Themen geht, die beide anbieten – etwa in verschiedenen Bereichen der Verhaltenswissenschaften – ist es wichtig, dass man frühzeitig Absprachen trifft, um sich nicht ins Gehege zu kommen. Denn dafür ist der Hochschulstandort Zentralschweiz schlicht zu klein.

Hat es bei den Verhaltenswissenschaften im Vorfeld Gespräche mit der Uni gegeben?
Diese Gespräche sind noch zu führen, vor allem auf Expertenebene. Das ist auch der politische Wille, das haben die Diskussionen im Kantonsrat gezeigt.

Themawechsel: Von 2008 bis 2011 waren Sie als Luzerner Staatsschreiber aktiv. Warum der Abstecher in die Politik?
Ich war damals plusminus 50 Jahre alt. Das ist ein Alter, in welchem man sich überlegt, nochmals etwas anderes zu machen. Mich hat es gereizt und die politischen Abläufe waren mir als ehemaliger CVP-Grossrat bekannt.

Wie hat Ihnen das Amt gefallen?
Es war eine interessante Zeit. Ich war sehr nahe an den politischen Prozessen und den Hauptakteuren. Ich konnte viel lernen. Gleichwohl habe ich die Hochschule vermisst. Mir fehlte der eigene Gestaltungsspielraum. Ich wollte selber am Steuerrad sitzen und operativ und strategisch tätig sein. Die Hochschulwelt hat mich immer fasziniert.

«Es braucht Gespräche mit der Uni, damit man sich nicht ins Gehege kommt.»
Markus Hodel

Hochschule-Politik-Hochschule: Nun wäre wieder ein Amt in der Politik an der Reihe.
Nein. Mit 63 Jahren bin ich dafür auch zu alt. Dieses Kapitel ist abgeschlossen.

Kommen wir zurück zu den Hochschulen. Die Einführung von Bachelor und Masterstudiengängen hat die Fachhochschul-Landschaft geprägt. Ein Schritt, der sich bewährt hat?
Ja, sehr. Es war damals ein riesiges Projekt. Mit der sogenannten Bologna-Reform haben die Fachhochschulen den Anschluss ans internationale Hochschulsystem gefunden. Auch die Anerkennung und die Vergleichbarkeit der Diplome haben sich für die Fachhochschulen und damit auch für uns sehr gelohnt. Heute wissen alle in der Schweiz und im Ausland, was ein Bachelor oder ein Masterabschluss ist. Den Studierenden steht die Welt offen.

Ein grosses Thema in den letzten Jahren ist die Digitalisierung – wie digitalaffin ist Markus Hodel?
Ich möchte mich nicht zu fest rühmen. Den (Berufs-)Alltag habe ich im Griff. Aber wenn es tiefer gehen soll, stösse ich rasch an die Grenzen. Es fehlt mir die Zeit, interessieren würde mich das Ganze schon. Ich schliesse nicht aus, mich künftig in diesem Bereich weiterzubilden und mich so weiterzuentwickeln.  

Sie wohnen in Buttisholz. Kam ein Umzug in die Stadt Luzern nie in Frage?
Das war nie ein Thema. Jeden Tag fahre ich die 25 Kilometer mit dem Bus zur Arbeit. Bei der Hochschule bin ich mit meinem Dialekt zwar ein Exot, denn meine Mitarbeitenden kommen fast durchwegs aus der Stadt Luzern, der Agglomeration oder anderen Kantonen.

Buttisholz ist Ihr Zuhause.
Ja. Gleichwohl: Mir war immer wichtig, die Welt kennenzulernen. In der Ausbildung oder bei früheren Arbeitsstellen lebte ich auch in Städten. Ich war in Bern, Fribourg oder London. Das war auch schön, aber verwurzelt sind meine Familie und ich ganz klar im schönen Buttisholz.

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