Neue Fakultäten: Das plant die Universität

Die Universität Luzern will neue Fakultäten gründen. Gestern Montag haben der Luzerner Bildungsdirektor und der Universitätsrektor die zwei neuen Fakultäten für Gesundheitswissenschaften und Medizin sowie für Verhaltenswissenschaften und Psychologie vorgestellt. Der Ball liegt nun beim Kantonsrat, der im Herbst über die Pläne befindet.

 

Die Universität Luzern soll zwei neue Fakultäten erhalten.Foto Keystone
Stephan Weber

Die Universität Luzern, mit rund 3700 Studierenden die kleinste in der Schweiz, besteht aus vier Fakultäten: der Theologischen, der Kultur- und Sozialwissenschaftlichen, der Wirtschaftswissenschaftlichen und der grössten, der Rechtswissenschaftlichen Fakultät. Zwei neue Fakultäten sollen nun dazugekommen. Einerseits eine für Verhaltenswissenschaften und Psychologie, andererseits eine für Gesundheitswissenschaften und Medizin. Letztere besteht bereits als Departement und soll nun eine eigene Fakultät werden.

Dass Luzern diese zwei neuen Fakultäten erhalten soll, ist nicht neu und seit geraumer Zeit bekannt. Von Mitte Dezember 2021 bis Mitte März 2022 fand dazu eine breite Vernehmlassung statt. Kritik gab es von der FDP, welche hinter der Arbeitsmarktfähigkeit der Absolventen Zweifel anbrachte und sich der Stimme enthielt. Die SVP lehnt die beiden Fakultäten ganz ab. Grund: Sie wünscht sich stattdessen mehr Ärzte und klinisch ausgebildete Psychologen und Psychiaterinnen. Ferner gab es Kritik an der Finanzierungsform, weil die Universität den Aufbau der neuen Fakultäten durch Drittmittel selbst finanzieren muss.
 
Beitrag gegen Fachkräftemangel
Bildungs- und Kulturdirektor Marcel Schwerzmann warb gestern Montag im Dulliker-Saal vor den Medien für die zwei neuen Fakultäten. Sie seien eine Ergänzung des bestehenden Studienangebotes. «Wir bilden damit die richtigen Personen aus und leisten einen langfristigen Beitrag zur Bekämpfung des Fachkräftemangels», sagte Schwerzmann, der gleichzeitig auch Präsident des Universitätsrates ist. In der Gesundheitsversorgung, Beratung oder in der Therapie seien Fachkräfte gefragt. «Die wollen wir jetzt ausbilden.»  

Professor Bruno Staffelbach, Rektor der Universität Luzern, stellte die beiden neuen Fakultäten im Detail vor. Zuerst zum bestehenden Departement für Gesundheitswissenschaften und Medizin: Das Masterstudium Humanmedizin wird heute schon zusammen mit der Uni Zürich angeboten. Eine eigene Fakultät mache aus mehreren Gründen Sinn, so Staffelbach, der im Übrigen Wurzeln in Dagmersellen hat. So rechne er im Endausbau mit 500 bis 550 Studierenden, deutlich mehr als bei der Theologischen Fakultät, die auch eine Fakultät sei. «Und zudem soll auf der Uni Luzern stehen, was drin ist. Und wenn Medizin drin ist, darf Medizin draufstehen. Das ist akademischer Standard», so der Rektor.

Die neue Fakultät umfasst drei Fachbereiche: Gesundheitswissenschaft, Medizin und Rehabilitation. «Mit einer eigenen Fakultät bieten wir schweizweit eine einmalige Kombination von Gesundheitswissenschaft und Medizin», sagte Staffelbach. Er sieht weiteren Nutzen: Mit der Fakultät für Gesundheitswissenschaften und Medizin und dem Fokus auf Grundversorgung, Hausarzt- und Allgemeinmedizin und Rehabilitation könne sich die Uni Luzern im Kampf der Universitäten in Nischen positionieren und profilieren. «Sie stärkt zudem die Standortattraktivität Luzerns für Firmen aus den Branchen Gesundheit, Medizinaltechnik und Versicherung», so Staffelbach.

Zu den Kosten: Die Umwandlung des Departementes in eine Fakultät bringe keine zusätzlichen Kosten mit sich, sagte Staffelbach. Es gehe einzig um ein kostenneutrales Umbenennen von einem Departement in eine Fakultät, oder wie er es ausdrückte: «Die Fakultät ist aufgebaut und finanziert, die Räume sind reserviert.»

«Wir sind eine humanwissenschaftliche Universität, aber psychologisch blind.»
Bruno Staffelbach
Rektor der Universität Luzern

«Ein Zehnkämpfer, der keine Sprünge macht»
Die Universität Luzern ist keine Volluniversität, die sämtliche Studienrichtungen anbietet. Sie ist humanwissenschaftlich ausgerichtet, ohne jedoch das ganze humanwissenschaftliche Spektrum abzudecken. Der Uni Luzern fehle das Erleben und Verhalten der Menschen, so Staffelbach. «Wir sind eine humanwissenschaftliche Universität, aber psychologisch blind.» Um das Profil abzurunden, brauche es eine Fakultät für Verhaltenswissenschaften und Psychologie. «Sonst sind wir wie ein Athlet, der sagt: Ich bin Zehnkämpfer, aber ich mache keine Sprünge.»

Bei den Verhaltenswissenschaften will die Universität etwa forschen, warum Gesellschaften zerfallen, was der soziale Kitt ist und welche Folgen die Digitalisierung haben kann. Im Bereich der Psychologie plant die Uni Vertiefungen in Kinder- und Jugendpsychologie, in Gesundheits- und Rehabilitationspsychologie sowie in Rechtspsychologie.

Zum Zeitplan: In der Psychologie soll im Herbstsemester 2024 mit dem ersten Bachelorstudiengang gestartet werden, drei Jahre später mit dem ersten Masterstudiengang. Die Verantwortlichen rechnen 2028 mit rund 700 bis 900 zusätzlichen Studierenden in den beiden Fakultäten. Bei den Verhaltenswissenschaften soll bereits nächstes Jahr ein Forschungslabor aufgebaut und in Betrieb genommen werden.
Wie sieht es punkto Finanzierung dieser Fakultät aus? «Die Finanzierung ist gesichert», sagte Staffelbach. Konkret: Die Walter Haefner Stiftung unterstützt den Aufbau der Fakultät mit 7,8 Millionen Franken, dazu steuern die Krebsforschung Schweiz 350 000 Franken und eine 95-jährige Privatperson aus dem Raum Luzern 100 000 Franken bei. Der Uni-Rektor hielt fest, dass alle Spenden den Richtlinien für die Annahme von Drittmitteln unterlägen. «Die Donatorinnen und Donatoren haben also keinen Einfluss auf Personalgeschäfte und Forschungskonzepte.» Zudem habe sich die Walter Haefner Stiftung bereits beim Luzerner Kinderspital engagiert.

Die Regierung möchte den Trägerbeitrag um jährlich 700 000 Franken erhöhen, um damit die Gemeinkosten der neuen Fakultät für Verhaltenswissenschaften und Psychologie zu decken. Der Kantonsrat wird darüber entscheiden.  

Standortattraktivität erhöhen
In den letzten zehn Jahren ist laut Bruno Staffelbach die Zahl der Studierenden der Psychologie in der Schweiz um 65 Prozent gestiegen. Das Bundesamt für Statistik attestiere den Psychologie-Absolventen beste Erwerbschancen. «Sie sind auf dem Arbeitsmarkt sehr flexibel einsetzbar – im Gesundheitswesen, bei den Schulpsychologischen Diensten, in der Laufbahn- und Organisationsberatung, in der öffentlichen Verwaltung oder den sozialen Diensten», so der Uni-Rektor. «Wenn wir Personen ausbilden, die auf dem Arbeitsmarkt so gefragt sind, erhöhen wir mit dieser Fakultät auch die Standortattraktivität der ganzen Region Luzern.» Zudem, so der Uni-Rektor weiter, liesse sich mit anderen Hochschulen und dem Luzerner Kantonsspital die Zusammenarbeit intensivieren, indem diese auch das Forschungslabor nutzen und man im Bereich Kinderpsychologie mit der Pädagogischen Hochschule zusammenarbeiten könnte.

Die Gründung der zwei Fakultäten erfordert eine Änderung des Universitätsgesetzes. Im Herbst wird der Kantonsrat über die Vorlage befinden. Die Gesetzesänderung unterliegt dem fakultativen Referendum. Per 1. Februar 2023 könnte das revidierte Universitätsgesetz in Kraft treten.

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