Wahlziele geben bei Delegierten zu reden

Die FDP des Kantons Luzern hat in der Festhalle Willisau ihre Parolen für die Abstimmungen vom 26. September gefasst, Wahlen durchgeführt und die Ziele für die Wahlen 2023 verabschiedet. Letzteres war nicht unumstritten.

FDP-Wahlkampfleiter Rolf Born präsentiert die Wahlziele 2023. Foto zvg
Stephan Weber

Über 200 Liberale besuchten am Dienstagabend in der Willisauer Festhalle die Delegiertenversammlung der FDP. Dass sich die Delegierten auf physischem Weg in so grosser Zahl treffen können, das gab es seit längerer Zeit aus bekannten Gründen nicht mehr. Entsprechend gute Stimmung herrschte schon vor dem eigentlichen Beginn der Versammlung. Da ein Schwatz unter Gleichgesinnten, hier ein Winken zueinander. Am grössten war die Freude wohl bei zwei Personen. Bei Jacqueline Theiler, die als Parteipräsidentin die Delegierten erstmals in physischer Form durch die Versammlung führte. «Wir haben heute extra früher begonnen, um nach der DV mit Wurst, Brot und Bier den Abend zünftig zu feiern», sagte sie. Gross war das Strahlen auch bei André Marti, Willisauer Stadtpräsident und FDP-Kantonsrat, der auf charmante Art das Städtli vorstellte und Jacqueline Theiler und FDP-Geschäftsführerin Serena Büchler ein übergrosses Willisauer Ringli überbrachte, damit sie «Energie tanken und den Durchblick behalten».

55 Nein-Stimmen bei «Ehe für alle»
Bis zum geselligen Beisammensein sollte es allerdings noch über zwei Stunden dauern. Die Liberalen fassten die Parolen für die Abstimmungsvorlagen vom 26. September. FDP-Kantonsrat und Partei-Vizepräsident Martin Birrer stellte das kantonale Vorhaben, den Sonderkredit von 53 Millionen Franken für die Sanierung des Rängglochs, vor. Das Projekt sei «notwendig, zweck- und verhältnismässig», so der Landwirt aus Emmen. Die Delegierten sahen es grossmehrheitlich ähnlich. Es resultierte ein klares Ergebnis bei 177 Ja, 11 Nein und 2 Enthaltungen. Die beiden nationalen Abstimmungen wurden kontradiktorisch diskutiert. Bei der 99-Prozent-Initiative der Jungsozialisten, die verlangt, dass Kapitaleinkommen wie Dividenden oder Zinsen zu 150 Prozent besteuert werden, warb Mia Jenni (Juso-Geschäftsleitungsmitglied) für ein Ja, derweil FDP-Kantonsrat Patrick Hauser aus Adligenswil die Kontra-Seite vertrat. Erwartungsgemäss blieben Überraschungen aus. Die FDP-Delegierten beschlossen ein klares Nein, mit 10 Ja, 176 Nein und 3 Enthaltungen. Bei der Vorlage «Ehe für alle», welche die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare öffnet und lesbische Paare Zugang zur Samenspende erhalten, kreuzten Befürworter Marco Baumann (FDP-Grossstadtrat aus Luzern) und Gegner Anian Liebrand vom gegnerischen Referendumskomitee die Klinge. Während Baumann von einem «längst fälligen Schritt in der Gleichstellung» sprach, warnte der Ruswiler Liebrand «von einem falschen Vaterbild». Das Resultat der Liberalen fiel zwar deutlich aus: 128 Ja, 55 Nein, 4 Enthaltungen. Trotzdem waren die vielen Nein-Stimmen doch eher überraschend.

«Zu wenig konkret»
Noch dauert es knapp 600 Tage, bis die kantonalen Wahlen anstehen. Im Herbst 2023 folgen die nationalen Wahlen. Gleichwohl beschäftigen die Wahlen die Liberalen natürlich schon jetzt. Rolf Born, der strategische Wahlkampfleiter, orientierte über die Ziele der Partei. Die FDP will die Sitze von Ständerat Damian Müller und Regierungsrat Fabian Peter verteidigen. Das scheine, angesichts der «hervorragenden Arbeit der beiden», Formsache zu sein. Born aber hob den Finger und sagte: «Es braucht ihre Unterstützung. Wir können noch kein Häkchen zur Wiederwahl setzen.» Im Nationalrat will die FDP den 2019 verlorenen Sitz zurückgewinnen. Und im Kantonsrat? Da soll laut Wahlkampfleiter Born die Partei Sitze dazugewinnen und in allen Wahlkreisen ihre Sitzzahlen steigern. Mit dieser Absicht war Kantonsrat Ruedi Amrein aus Malters nicht ganz einverstanden. Das Ziel auf Kantonsebene sei konkreter zu formulieren. Er stellte den Antrag, eine konkrete Zahl Sitzgewinne zu nennen, das steigere die Motivation der liberalen Wähler. «Mir ist diese Zahl zu allgemein formuliert», sagte er. Sein Antrag wurde zwar in einer Abstimmung abgelehnt, erzielte aber mit 63 Ja zu 105 Nein-Stimmen viel Wohlwollen bei den Delegierten. Glücklich über das Abstimmungsergebnis sagte Rolf Born: «Nun machen wir uns an die Arbeit. Es geht um die Wurst.» Das tat es wortwörtlich. Um 20.45 Uhr konnte Parteipräsidentin Jacqueline Theiler die Delegierten zu Wurst, Brot und Bier einladen. Die schon vor der DV begonnenen Gespräche konnten die Liberalen nun an der frischen, herbstlichen Luft vor der Festhalle fortführen.

Stephan Weber

Neue Köpfe in der Geschäftsleitung

Die Delegierten wählten an der Versammlung zwei neue Geschäftsleitungsmitglieder. Karin Bührer ist neu für die strategische Kommunikation der Partei zuständig. Die 39-Jährige wohnt seit ein paar Monaten in Rothenburg, ist gebürtige Bernerin. Sie war einst unter anderem Kommunikationschefin bei Ernst&Young und Kampagnenleiterin bei Economiesuisse. Aus der Geschäftsleitung verabschiedet wurde Charly Freitag (Beromünster). Er war erst Ende Januar als Themenmanager gewählt worden. Neu im FDP-Vorstand ist auch der 25-Jährige Ramon Bisang aus Rothenburg. Der einstige Präsident der Jungfreisinnigen tritt als Finanzverantwortlicher die Nachfolge von Fabienne Werlen-Brauchli an.

Weiter unterstützen die Delegierten die Unterschriftensammlung für die Initiative zur Einführung der Individualbesteuerung. Diese hatten einst die FDP Frauen Schweiz lanciert. Die Initiative, so Jacqueline Theiler, führe zu mehr Steuergerechtigkeit. In einem ersten Schritt soll nun eine liberale Arbeitsgruppe mit neun Mitgliedern gebildet werden, um die Unterschriftensammlung voranzutreiben. Theiler kündigte ferner ein überparteiliches Luzerner Komitee an. (swe)

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