180 Bäume wegen Schädling gefällt

Seit Ende August läuft in Zell die Bekämpfung des Asiatischen Laubholzbockkäfers (ALB). Diese erforderte bisher die Fällung von 180 Bäumen. 75 davon waren nachweislich befallen. Damit ist es der grösste Befall durch den Schädling, der bisher in der Schweiz festgestellt wurde.

Aufgrund des ALB-Befalls mussten bereits rund 180 Bäume gefällt, gehäckselt und in einer Energieanlage verbrannt werden. Foto zvg
Ramon Juchli

Die Bekämpfung des Asiatischen Laubholzbockkäfer beanspruchte Miguel Zahner in den letzten Monaten täglich. Als Leiter eines sechsköpfigen Teams koordiniert er den Einsatz der kantonalen Dienststelle Landwirtschaft und Wald (Lawa). Das Ziel: Die Vernichtung des Schädlings, der im August erstmals in Zell entdeckt wurde. Die Bekämpfung des ALB habe derzeit erste Priorität. «Andere Projekte müssen erst mal zurückstehen», sagt Zahner. Nach der ersten Etappe von drei Monaten zieht der Kanton eine Zwischenbilanz der bisherigen Massnahmen. In einer Mitteilung hält die Dienststelle Lawa fest: 180 Bäume mussten in Zell vernichtet werden – gefällt, gehäckselt, und in einer Energieanlage verbrannt. Damit werde dem Käfer die Lebensgrundlage entzogen, die er auf Laubbäumen wie Ahorn, Weide oder Esche findet. Auf 75 Bäumen wurde der Käfer nachgewiesen, die restliche Anzahl wurde präventiv oder auf Verdacht hin gefällt. Damit handelt es sich in Zell um den grössten der fünf ALB-Befälle, die seit 2011 in der Schweiz festgestellt wurde. Erste Untersuchungen der eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) haben zudem gezeigt: Der ALB befiel Zeller Bäume erstmals vor mindestens sechs Jahren.

Die Kosten geteilt

Vom Schädling befallenes Gehölz stirbt innert wenigen Jahren ab. Da die Larven zwei Jahre lang im Holz heranwachsen, bevor sie als erwachsene Tiere ausfliegen, ist der Erfolg der Bekämpfung erst nach vier Jahren ohne neuen Fund gesichert.

Die Massnahmen durchzuführen kostet bis Ende 2022 etwa 250 000 Franken, schätzt die Dienststelle Lawa. 60 Prozent davon übernimmt der Kanton, 40 Prozent der Bund. Die ganze, mindestens vierjährige Bekämpfungskampagne kostete andernorts zwischen 300 000 und 3,3 Millionen Franken. Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) koordiniert die systematische «Tilgung» des Schädlings gemeinsam mit dem Kanton Luzern. Gemäss Pflanzengesundheitsverordnung des Bundes gilt der Käfer als melde- und bekämpfungspflichtig. Die Lawa schreibt in der Anordnung der Präventions- und Bekämpfungsmassnahmen von einem «der gefährlichsten Laubholzschädlinge weltweit».

 

In der Kernzone (blau) werden mögliche Wirtsbäume auch präventiv gefällt. Karte Dienststelle Landwirtschaft und Wald, Kanton Luzern

«Kernzone» ausgedehnt

Die Fachpersonen der Dienststelle Lawa teilten das Zeller Gemeindegebiet anhand des Befalls in verschiedene Zonen ein. Sie kontrollierten Bäume auf Befall und nahmen alle in ein Inventar auf, die einen Durchmesser von mehr als zwei Zentimetern aufweisen. Mit den nun folgenden kühleren Wintermonaten endet die Flugzeit des Schädlings. Die Käfer paaren sich nicht mehr, jedoch können sich Larven im Holz von Wirtsbäumen weiterentwickeln und im Frühling ausfliegen. Dies biete nun etwas Zeit, um die Situation zu analysieren und die weiteren Schritte zu planen. In den nächsten Monaten werden die bisherigen Erfahrungen im Monitoring ausgewertet und das Befallsausmass analysiert. Besonderes Augenmerk gilt den möglichen Wirtsbäumen in der «Kernzone»: Diese ergibt sich aus den Befallsherden und dem umliegenden Gebiet mit einem Radius von 100 Metern. Dort sind gemäss kantonaler Verfügung auch präventive Fällungen möglich. Diese Kernzone erstreckt sich inzwischen vom Wohnquartier Bachhalde über die Luther und Richtung Osten in den Ortsteil Briseck. Auch im Schutzwald an der Luther, zwischen Bachhalde und Bergli, wurde ein ALB-Befall festgestellt. Die dortigen Bäume schützen vor Hangrutschen und Murgängen in die Luther, welche zu Hochwasser führen könnten. Wie sie dort nun weiter vorgehe, wolle die Lawa näher abklären. Schutzwald-Experten analysieren die Situation mit dem Ziel, die Schutzfunktion des Waldes möglichst zu erhalten.

Für das Monitoring des Gebiets sei das erstellte Inventar des Schadens «grundlegend» – es werde regelmässig kontrolliert, angepasst und erweitert. So habe sich zudem gezeigt: Weide und Ahorn sind vom ALB speziell betroffen, werden also besonders gerne zur Eiablage genutzt.

Gehören zu den Massnahmen des laufenden «Monitorings»: die Käferfalle (links, am Baum aufgehängt) und einer der Fangbäume (rechts). Foto Ramon Juchli

Fallen und Fangbäume aufgestellt

Zum Monitoring gehöre auch das Aufstellen von Fallen und Fangbäumen. Jene Käfer, die «ihren Baum» durch Fällen verloren haben, suchen sich einen neuen als Lebensgrundlage. Diesen findet der ALB in den sogenannten Fangbäumen: eigens aufgestellte Laubbäume in Pflanzentöpfen. Insgesamt zwölf Fangbäume wurden in Zell bisher installiert und werden regelmässig kontrolliert. «Die Methode ist erfolgreich und wir konnten schon einige Käfer von den Fangbäumen ablesen», sagt Miguel Zahner, Einsatzleiter ALB. Spätestens nach eineinhalb Jahren werden die Fangbäume angeschaut und ebenfalls vernichtet.

Auf die Bevölkerung angewiesen

Die Tilgung des ALB ist Teamarbeit. Die Lawa zähle weiterhin auf die Aufmerksamkeit der Einwohnerinnen und Einwohner der Gemeinde Zell, um die Tilgung zu ermöglichen. Die Bevölkerung werde laufend mit Informationsschreiben, Flugblättern, Veranstaltungen, Begehungen und über die Webseiten des Kantons und der Gemeinde informiert. Auch die umliegenden Gemeinden sowie der angrenzende Kanton Bern werden regelmässig über die Situation orientiert. Mit den Fachpersonen des Bafu und der WSL finde «ein regelmässiger Austausch» statt. Der Gemeinderat von Zell schätze die Zusammenarbeit mit der Dienststelle Lawa, richtet Bauvorsteher Urs Lustenberger aus. Besonders wichtig für die erfolgreiche Bekämpfung sei die persönliche Kommunikation in den betroffenen Gebieten. «So versteht man sich besser als über den brieflichen Weg», sagt Miguel Zahner. Die Dienststelle Lawa stehe stets telefonisch für Fragen zur Verfügung. Denn einen Baum im eigenen Garten fällen zu lassen – das sei für viele eine emotionale Angelegenheit. Dafür drücken sowohl die Lawa als auch der Zeller Gemeinderat ihr Verständnis aus. Das gemeinsame Ziel sei es, das Bewusstsein für die Konsequenzen des Befalls zu fördern und entsprechend zu handeln.

Der Erstbefall durch den ALB liegt mehr als sechs Jahre zurück. Foto zvg

Bäume bald ersetzt?

Für die nächsten vier Jahre rät die Lawa davon ab, neue Laubbäume zu pflanzen. Auch wenn weniger gefährdete Arten gepflanzt werden, sei ein Befall nicht ausgeschlossen. Der ALB könnte sein Brutverhalten bei mangelnden Alternativen auch anpassen. Eine valable Alternative bieten Nadelbäume. Wer schlussendlich in welchem Ausmass für den möglichen Ersatz von privaten Pflanzen aufkommen kann, sei weiterhin offen. Momentan gelte der Fokus der Tilgung des Schädlings. Zahner will den nächsten Sommer abwarten, es soll zuerst «Ruhe ins System einkehren». Dann könne man sehen, inwiefern und mit welchem Aufwand Ersatzpflanzungen vorgenommen werden können. «Das wäre dann der schöne Teil der Arbeit – leider ist das momentan noch Zukunftsmusik.»

Weitere Informationen zur Bekämpfung des ALB in Zell sind auf der Webseite der Lawa zu finden: lawa.lu.ch.

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