Im Gefängnis «eingefangen und ausgestellt»

ArtWillisau lädt im ehemaligen Gefängnis zur Ausstellung von zeitgenössischer Kunst. In Gesprächen mit Expertinnen und Experten wird zudem das Gefangensein thematisiert. Mit Werken und Gesprächen.

QueenKong, Vero Bürgi und Marco Schmid, an den Vorbereitungen für die Ausstellung. Foto -art.
Norbert Bossart

An der Vorstadt 9 in Willisau liegt das repräsentative Polizeigebäude mit dem rückwärtig angebauten ehemaligen Gefängnis. Bis im Jahre 2010 wurden dort noch Häftlinge des Haft- und Untersuchungsgefängnisses Grosshof in Kriens vorübergehend untergebracht.

Der Kanton Luzern hat inzwischen einen Käufer für das ehemalige Willisauer Gefängnis gefunden. Es sind dies die beiden ortsansässigen Bauunternehmen Stutz Bau AG und Emil Peyer AG. Während das stattliche Amtshaus, also das Polizeigebäude, unter Denkmalschutz steht, dürfte das dahinterliegende Gefängnis in naher Zukunft abgerissen werden und einer Gesamtüberbauung weichen.

ArtWillisau (siehe Kasten) will diese einmalige Situation wahrnehmen und organisiert im Sinne einer Zwischennutzung eine Ausstellung in den Gefängnisräumen. Diese wird vom 15. Oktober bis 8. November 2020 stattfinden.


Einzigartiges Projekt

Im Gebäude befinden sich fünf Einzelzellen im ersten und fünf Doppelzellen im zweiten Geschoss. Diese werden von einzelnen Kunstschaffenden bespielt. Zwei Aufenthaltsräume und eine rie-sige Dachterrasse bieten weitere Interventions- und Gestaltungsmöglichkeiten. 

Für eine Beteiligung an diesem einzigartigen Projekt wurden bekannte Künstlerinnen und Künstler wie auch junge Kunstschaffende aus der Region eingeladen. Es sind dies: Mirko Baselgia, Angela Erni, Lutz&Guggisberg, Samuel Herzog, Flavio Hodel, Moritz Hossli, QueenKong, Andrina Keller, Pollo7, Marco Russo, Franz Steinmann, Timo Ullmann und Romano Zaugg.


Gespräche ergänzen Ausstellung

Ziel ist es, mit der Ausstellung im Zellentrakt einen Blick hinter die Kulissen eines Gefängnisses zu gewähren und den zwiespältigen genius loci des Ortes, das Gefangensein an sich, zu thematisieren. Hierfür lädt AKW (AktionKulturWillisau) jeden Samstag um 15 Uhr Expertinnen und Experten aus dem Gefängnis und Strafvollzug zum Gespräch ein. rl/WB

Pollo7 an der Arbeit für sein Werk auf der Dachterasse. Foto -art.

Die Ausstellung und die Gespräche mit Experten

Folgende Kunstschaffende wirken mit im Gefängnis Willis-au: Mirko Baselgia, Angela Erni, Lutz&Guggisberg, Samuel Herzog, Flavio Hodel, Moritz Hossli, Andrina Keller, Pollo7, QueenKong, Marco Russo, Franz Steinmann, Timo Ullmann und Romano Zaugg.

Vernissage: Donnerstag, 15. Oktober, 17 bis 21 Uhr (als Covid-19-Schutzmassnahme werden die Besucherinnen und Besucher an der Vernissage gestaffelt Zutritt in die Ausstellung haben).

Ausstellungsdauer: 16. Oktober bis 8. November.

Öffnungszeiten: Freitag, 17 bis 21 Uhr, Samstag, 10 bis 16 Uhr, Sonntag, 10 bis 16 Uhr.

Gespräche mit Expertinnen und Experten aus dem Gefängnis und Strafvollzug, organisiert von AKW (AktionKulturWillisau): 17. Oktober, 15 Uhr: Giuliana Affentranger, Sozialarbeiterin im Gefängnis für Straftäter mit psychischer Störung. 24. Oktober, 15 Uhr: Johann Korner, pensionierter Polizeibeamter. 31. Oktober, 15 Uhr: Walter Troxler, ehemaliger Chef Strafvollzug Bundesamt für Justiz. 7. November, 15 Uhr: David Mühlemann, Leiter Fachstelle Freiheitsentzug bei humanrights.ch.

Romy Lipp, Präsidentin von ArtWillisau. Foto -art.

Im Gespräch mit der ArtWillisau-Präsidentin Romy Lipp

Ein stillgelegtes Gefängnis wird zur Galerie. Eine ungewohnte Location für eine Ausstellung.

Ungewohnt, aber spannend. Die Besucherinnen und Besucher sind wohl nicht nur auf die Ausstellung, sondern auch auf die Gefängnisräumlichkeiten neugierig.


Eine Herausforderung? 

Vergitterte Fenster, enge Zellen. Hier ist weit weniger Platz und Licht als in gewohnten Ausstellungsräumen vorhanden. Die 13 Kunstschaffenden tragen dieser Situation mit eigens geschaffenen Werken Rechnung; reagieren mit Interpretationen auf die spezielle Herausforderung.


«eingefangen und ausgestellt» heisst der Titel der Ausstellung. Was erwartet die Besucher?

Eine buchstäblich einmalige Ausstellung – das Gefängnis wird später abgebrochen. Das Publikum wird mit zeitgenössischem Kunstschaffen konfrontiert, das Bezug zum Gefängnisalltag und der Infrastruktur des Strafvollzugs nimmt. Interessant ist der Mix der Künstlerinnen und Künstler. Vertreten sind Jung und Alt, Frauen und Männer, regionale Vertreter und schweizweit bekannte Grös-sen sowie diverse Kunstformen wie etwa Malerei, Fotografie, Literatur, Video oder Installationen.


Gespräche mit Expertinnen und Experten im Bereich Strafvollzug bereichern das Programm. Warum?

Die Besucherschaft soll auch die Möglichkeit haben, mit Fachkräften über das Gefangensein zu diskutieren. Die Gespräche organisiert AKW, die AktionKulturWillisau, also die kulturinteressierte junge Generation vor Ort. Die vier Talks sind eine Bereicherung für die Ausstellung, das Tüpfchen auf dem i.


Der Platz in einer Zelle ist beschränkt – die Corona-Pandemie bedingt Massnahmen. 

Wir haben ein Schutzkonzept, das sich an jenem des Verbandes der Museen der Schweiz anlehnt. Der Ausstellungsbesuch wird an der Vernissage gestaffelt und mit Masken erfolgen, da wir viel Publikum erwarten. Die Vernissage findet im Freien unter einem Zelt statt.


Sie haben das letzte Wort…

Mit der Ausstellung will ArtWillisau für ein weiteres kulturelles Highlight auf der Landschaft sorgen. Die Besucher können im Gefängnis aktuelles Kunstschaffen einfangen. Norbert Bossart

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