Mit 50 Taten in 50 Wochen zum 50igsten

Er wurstet, sammelt Güsel ein, bestaunt den dicksten Baum der Schweiz, besteigt Gipfel und läutet die Kapellenglocke: Daniel Schmidiger feiert seinen 50. Geburtstag auf besondere Art und Weise. Mit 50 Aktivitäten, die ihm und anderen viel Freude und Abwechslung bereiten.

Daniel Schmidiger mit Pfeil und Bogen. Foto zvg
Norbert Bossart

Obwohl er erst in einigen Wochen 50 Jahre alt wird, ist er seit Monaten an den Geburtstagsvorbereitungen: Daniel Schmidiger, geboren am 12. Oktober 1970, aufgewachsen in Willisau, wohnhaft in Hergiswil, inzwischen 25 Jahre verheiratet mit der Luthertalerin Annelis Lustenberger, Vater von Melanie (24) und Nicole (22), gelernter Zimmermann, und seit 16 Jahren Sachbearbeiter im Verkaufsteam des Willisauer Imprägnierwerks. Er ist alles andere als ein Partytiger. So hat Daniel Schmidiger in all den letzten 50 Jahren nur seinen Junggesellensabend ausgelassen gefeiert. Das Glas in grösserer Runde erhob er bloss an einem seiner bisher 49 Geburtstagen: dem Dreissigsten. 

Doch heuer gibt er Gas, strampelt sich ab und macht weite Wege für ein unvergessliches Wiegenfest. «Ein halbes Jahrhundert ist ein Alter, das eine besondere Würdigung verdient», begründet Daniel Schmidiger, lächelt und fügt an: «Den 50igsten nur an einem einzigen Tag zu feiern, wäre definitiv viel zu wenig gewesen.» Deshalb lancierte er bereits vor einem Jahr (s)ein spezielles Geburtstagsprojekt, das seither in vollem Gange ist. Dessen Titel: «50 Jahre – 50 Wochen – 50 Ideen». 

Foto zvg

Die To-do-Liste oder das Wunschkonzert

Konkret erstellte Daniel Schmidiger im letzten Herbst eine To-do-Liste mit 50 Vorhaben. Aufgelistet hat er Abenteuer, Herausforderungen, Ausflüge, Kurse oder ungewohnte Engagements. Diese will er innert einem Jahr abhaken – also bis zu seinem 50. Geburtstag in die Tat umsetzen. Zwar habe das Jahr 52 Wochen – «doch ein jeder braucht mal zwei Wochen Ferien am Stück». 

Wie sehen Schmidigers Träume aus, die endlich wahr werden sollen? Ferien auf einer einsamen Insel? Ein Sportwagen? Eine Auszeit? Der Hergiswiler schüttelt den Kopf. Die Kostenfrage, so gibt er zu bedenken, habe zwar seinem Wunschkonzert hier und dort Grenzen gesetzt. «Kostbare Erlebnisse sind auch ohne grosses Budget möglich», relativiert er und beginnt von Wanderungen an schöne Aussichtspunkte, vom Cervelatbräteln über offenem Feuer oder von Velotouren übers Land zu schwärmen. 

Oft lässt er seine Familie, Freunde und Bekannte an seinen Aktivitäten teilhaben. Oder er integriert deren Anregungen in seiner To-do-Liste. «Schliesslich sind sie seit Jahrzehnten Begleiterinnen und Begleiter auf meinem Lebensweg», begründet Daniel Schmidiger. «Zudem ist geteilte Freude doppelte Freude.»
 

Wenn der Hardrock-Fan die Operette besucht

Das erste Häkchen auf seiner To-do-Liste hat er an seinem 49. Geburtstag gemacht. Er lud seine Frau Annelis zum Dinner ein. Dabei trug er eine festliche Kleidung und sogar eine Krawatte. Das längliche Stück Stoff um den Hals kannte er zuvor nur vom Hörensagen her. Neue Erfahrungen sammelt er auch im Kulturbereich. So weilte der Fan harter Rockmusikklänge im Luzerner Stadttheater an der Operetten-Premiere von «Grand Hotel». «Es war wie ein Eintauchen in eine andere Welt», sagt Daniel Schmidiger. «Ein überraschender Hörgenuss.» Der Abschweifer in die klassische Musik habe bei ihm die Lust auf mehr geweckt. «Ein Opern-Besuch ist denkbar.»

Auf Güseltour. Foto zvg

Wie Grossvater Jakob auf Güseltour

Auf der Liste gibts eine Sparte mit dem Namen «Aussergewöhnliches». Die eine oder andere Aufgabe macht gwundrig. So etwa Nummer 36, die Daniel Schmidiger bereits erledigt hat: einen Tag lang mit der Kehrichtabfuhr auf Achse. Jakob, sein Grossvater mütterlicherseits, hat jahrelang in Willisau beim Güseleinsammeln mit -angepackt. «Deshalb wollte ich dies auch mal versuchen.» Hinten auf dem Trittbrett stehen, runtersteigen, Container zuschleppen, Säcke einwerfen, aufsteigen, festhalten, absteigen, stinkende Säcke einwerfen … «Ein strenger Job, bei dem du den Kopf gern in den Fahrwind streckst», berichtet Daniel Schmidiger. Seit Fazit zum Sammeltag: «Erschreckend, wie viel tagtäglich weggeworfen wird. Wir sollten mit unseren Ressourcen sparsamer umgehen.»

Der Glöckner vom Heuberg. Foto zvg

Gewurstet, Gold gewaschen und Glocke geläutet

Der noch-49-Jährige hat in letzter Zeit die eine oder andere Premiere in seinem Leben hinter sich. Zum Beispiel? Der Hergiswiler Postautochauffeur Walter Kunz lernte ihn mit der Pfanne Gold zu waschen. Nach sechs Stunden im Bachbett der Luther, am Fuss des Napfs, war der Neo-Goldsucher um ein unvergessliches Erlebnis und 15 Goldflitterchen reicher. Beim Entlebucher Hexer, dem Rössli-Wirt von Escholzmatt, lernte er das Wursten. «Meiner Bratwurst habe ich mit Arvennadeln einen harzigen Touch verpasst», berichtet Daniel Schmidiger. «Wursten ist keine Hexerei. Probieren geht über studieren.» Deshalb ist auf seiner Liste eine Hausmetzgete notiert, bei der er die Bratwürste für das Geburtstagsfest fertigen will. Auch das Festbier wird er selber brauen. Eigenhändig anpacken: das durfte er einmal mehr  in der Heuberg-Kapelle über dem Dorf Luthern. Hier zog er am Sonntagmittag, 26. April, möglichst regelmässig am Glockenseil und läutete während vier Minuten die Mittagszeit ein. «Als Hergiswiler im Luthertal den Ton angeben zu können, machte höllisch Spass», sagt Schmidiger und grinst.

Das Wildhorn bestiegen. Foto zvg

Die Gipfeltouren und die ersten Gehversuche

Sportliche Aktivitäten nehmen auf der Liste etliche Zeilen ein. So besuchte er im Januar mit Freunden die Weltcuprennen in Adelboden. «Kaiserwetter, Bombenstimmung und als Krönung der erste Schweizer Sieg am Chuenis seit zwölf Jahren durch Daniel Yule», bilanziert einer, der selbst gerne im Schnee unterwegs ist. So weilte er mit dem Berta-Ski-Club in Laax in den Skiferien, war mit Schwester Sabine im Salwideli auf Schneeschuhen unterwegs oder hat eine zweitägige Skitour mit dem Leiterpaar Franz Aregger und Ursi Grob sowie Schwager Ivo hinter sich. «Was für ein Gefühl nach vier Stunden und 1000 Höhenmetern auf dem 3248 hohen Wildhorn-Gipfel zu stehen», sagt Daniel Schmidiger. Bogenschiessen, Stand-Up Paddling, Kitesurfen … – in den Sommermonaten macht(e) er die ersten Gehversuche in diversen Sportarten. «Neues zu wagen, hat seinen Reiz.» Im Jubeljahr soll gar Unmögliches möglich werden. «Ein Kollege wills richten, dass ich ohne Platzreife auf einer 18-Loch-Golfanlage meine ersten Bälle schlagen darf.»

Die mächtigste Linde in Linn besucht. Foto zvg

Ein «Hölziger» entdeckt «Bäumiges»

Als «Hölziger», als gelernter Zimmermann, sei er naturverbunden und habe insbesondere Freude an Bäumen. Zwei aussergewöhnliche Linden hat er die letzten Monate bestaunt: jene in Linn, die mit sagenhaften 13.5 Metern Umfang der wohl dickste Baum der Schweiz ist und jene in Scharans, die mit über 600 Jahren zu den ältesten Bäumen im Land gehört. Viel «Bäumiges» entdeckte er auch beim Wandern und Velofahren. «Das sind zwei Hobbys, die ich mit meiner Frau gern pflege, die uns verbinden.» So war das Paar auf dem Grenzpfad Napfbergland unterwegs oder pilgerte auf dem Luzerner Abschnitt des Jakobswegs. Ob Fürstein, Schibegütsch oder Grosser Mythen – von solchen Gipfelwanderungen hat Daniel Schmidiger die letzten Jahre viel geredet. «Heuer nahm ich sie endlich in Angriff.» Hogant, Schrattenfluh und Co. sollen folgen. «Wir haben extrem schöne Ausflugsmöglichkeiten vor unserer Haustür.» Immer höhere Ziele strebt er an. So will er einen 3000er und 4000er besteigen sowie erstmals einen Klettersteg meistern.

 

WB-Artikel statt Leserbrief

Ein paar Tage auf die Alp, mit dem Velo um den Napf fahren, die kleinste SAC-Hütte finden, einen Bundesliga-Match besuchen oder eine Flaschenpost ins Meer werfen: Auf Schmidigers To-do-Liste gilts noch einiges bis am 12. Oktober abzuhäkeln. «Die Coronakrise hat meinen Fahrplan durchkreuzt.» Doch er sei guten Mutes, dass er die letzten 22 der 50 Aktivitäten bis zum 50igsten auch schaffe. Erst recht, weil gerade eben eine seiner grössten Herausforderung erledigt sei. Die da wäre? «Einen Leserbrief schreiben», antwortet Schmidiger. «Meine Meinung konnte ich in diesem Zeitungsbericht mehr als genügend kundtun.»

Mehr zur Geburtstagsaktion:
https://50-jahre-daniel.jimdofree.com

Norbert Bossart

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