Nachruf

07. November 2019

Sofie Hodel-Lötscher

Hergiswil

Sofie Hodel, auch liebevoll Mame genannt, kam am 12. September 1922 als Tochter von Philomena und Franz Lötscher als fünftes von neun Kindern auf die Welt. Sie wuchs zusammen mit ihren sechs Brüdern und zwei Schwestern auf dem Bauernhof in der Schattweid in Hergiswil auf.

Schon früh lernte sie, dass das Leben nicht immer einfach ist. Sie hat oft von ihrer Kindheit erzählt. Beispielsweise durfte sie nie an einer Schulreise teilnehmen, nicht mal für einen «5-Liber» auf die Rigi. Das Geld hat nicht gereicht und zudem wurde sie von den Eltern sehr streng erzogen, wodurch ihr vieles verwehrt blieb. Auch musste sie während der gesamten Schulzeit mit nur einem Paar Holzschuhen auskommen. Neue Kleider gab es keine, diese musste sie von ihren Schwestern nachtragen. Mame hat im jungen Alter von 17 Jahren sogar den Zweiten Weltkrieg miterlebt. Oft hörte sie das Heulen der Sirenen und Geräusche der Hubschrauber und die Mutter sagte, es sollten sich alle in den Keller begeben, wegen der Bomben. Die Fenster waren mit Tüchern verhängt und man sollte möglichst kein Licht machen.

Nach der obligatorischen Schulzeit hat Mame dann in verschieden Haushaltstellen gearbeitet, unter anderem in Ettiswil und Hergiswil.

Im Dorf, an der Kilbi, lernte sie beim Tanzen ihren zukünftigen Mann Johann Hodel kennen und lieben. Die beiden gaben sich 1946 das Ja-Wort in der Klosterkirche in Werthenstein. Schon bald zog sie zu ihrem Mann in den Unterberg im Hübeli. Sieben Jahre später wurde ihr Glück mit dem ersten Kind Hans besiegelt. Mit der Geburt von Franz 1956 und Monika 1962 war das Familienglück komplett. Mit viel Liebe haben sie ihre drei Kinder umsorgt und sich um den Bauernhof mit Kühen, Pferden, Schweinen und Hühnern gekümmert. Die Milch musste man zu dieser Zeit noch mit dem Veloanhänger zur Sammelstelle in die Sagenmatt bringen.

Im Jahre 1977 hat das Schicksal besonders hart zugeschlagen. Johann, ihr Mann und Vater der drei Kinder, starb nach langer Krankheit im Alter von 61 Jahren. Nach seinem Tod durfte sie grosse Unterstützung von ihren Kindern und auch den Nachbarn erfahren. Die Landwirtschaft musste die Familie jedoch kurz darauf aufgeben.

Mame hat ihr ganzes Leben lang geschuftet und gearbeitet, trotzdem war sie immer zufrieden und hat nie gejammert. Die Hoffnung, die Kraft und den Mut hat sie in ihrem Glauben gefunden. Sie betete den Rosenkranz auf und ab, manchmal stundenlang. Wenn sie sah, dass ein Gewitter aufzieht, legte sie ein Karfreitags-Ei aufs Land, deckte dies mit einem Sieb zu und verbrannte anschliessend einen Palmzweig. «Vor Blitz, Hagel und Ungewitter bewahre uns o Herr», hat sie dazu laut gebetet und war somit ein Schutzengel für Hergiswil und das gesamte Hinterland.

Mame war nach dem Tod ihres Mannes und dem Auszug der Kinder nie alleine. Sie hatte beinahe jeden Tag Besuch. Dies verdankt sie sicherlich auch ihrem «Weltmeister-Kafi» mit dem sie ihre Gäste verwöhnte. Bekannt war sie jedoch vor allem für die feinen Würste und Speckseiten, welche sie im Rauchhaus im Unterberg noch lange räucherte. Alle, die Mame kannten, wussten auch, dass sie sich jeden Abend vor dem Zubettgehen ein Gläschen Whisky gönnte. «Das esch guet för s'Härz» hat sie immer gesagt und sie sollte recht behalten. Geistig fit hielt sie sich mit ihren absoluten Lieblingsbeschäftigungen, nämlich dem Lösen von Kreuzworträtseln und dem Jassen. Auch um ihren Garten, die Blumen und Hühner kümmerte sie sich liebevoll und gerne. Bis ins hohe Alter hackte sie noch selber das Holz zum Heizen. Ein grosses Anliegen waren ihr auch ihre sieben Grosskinder. Sie freute sich immer über deren Besuch und steckte ihnen beim Verabschieden heimlich einen «Batzen» zu.

So lebte Mame 66 Jahre glücklich in ihrem Rauchhaus im Unterberg. Dass sie so lange zu Hause bleiben durfte, verdankt sie zu einem grossen Teil der Hilfe und Unterstützung der Nachbarn und der Spitex, welche sich täglich um sie kümmerten und sie umsorgten.

In der Karwoche 2012 bahnte sich plötzlich eine gesundheitliche Verschlechterung an. Mame kam im Alter von 89 Jahren, noch vor Ostern, ins Alters- und Pflegeheim St. Johann, Hergiswil.

Dort blühte sie während vier Jahren nochmals richtig auf. Sie traf im Heim wieder auf ihre Geschwister und Bekannte, forderte diese täglich zum Jassen auf, löste weiterhin ihre Kreuzworträtsel in der Glückspost und freute sich über die vielen Besuche. Ein Highlight war ihr 90. Geburtstag, den sie mit allem Drum und Dran im Heim feierte. Als weiteres grosses Ereignis folgten die Geburten ihrer Urgrosskinder Layla und Eline. So dufte sie sich mit 94 Jahren zum ersten Mal Urgrossmutter nennen.

Nach zwei aufeinanderfolgenden Stürzen im Jahr 2016 hat sie sich aber nie mehr richtig erholt. Die Operationen haben ihr zugesetzt und Mame kehrte immer mehr in sich und wurde ruhiger. Ab ihrem 96. Geburtstag verlor sie ihre Kraft Tag für Tag mehr. Obwohl sie einen unglaublichen Lebenswillen hatte, ist sie am 30. Oktober 2018 still und friedlich eingeschlafen.

«Mame, wir danken dir, dass du uns so viel Zeit gegeben hast, uns von dir zu verabschieden. Du hinterlässt eine riesige Lücke und wir vermissen dich sehr. Der Gedanke, dass du jetzt im Himmel bist und deine wohlverdiente Ruhe gefunden hast, tröstet uns und gibt uns Kraft in dieser schweren Zeit.»

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