Nachruf

24. November 2022

Marie Bucher-Kaufmann

Marie Bucher-Kaufmann
Dagmersellen

«Nach längerer Leidenszeit habe ich von dieser Welt Abschied genommen. Danken möchte ich all meinen Mitmenschen, die mir Zeit meines Lebens in Liebe und Freundschaft begegnet sind.

Es gibt eine Zeit zum Leben
Es gibt eine Zeit zum Lachen
Es gibt eine Zeit zum Weinen
Es gibt eine Zeit zum Sterben

Am 7. August 1933 erblickte ich das Licht der Welt. Zusammen mit fünf Geschwistern wuchs ich im Unterdorf in Altishofen auf. Da der Vater neben dem kleinen Heimetli auch noch bei der Landw. Genossenschaft arbeitete, mussten wir schon früh mit anpacken.

Nach meiner Schulzeit hiess es: «So, nun musst du lernen, fremdes Brot zu essen.» Also machte ich zuerst ein Haushalts-Lehrjahr. Danach arbeitete ich in etlichen Haushalten, wo ich mir noch das nötige Rüstzeug für mein späteres Leben holte. Auf dieser Schweizer Reise war ich in Langnau, Vitznau, Nebikon, Zofingen, Vordemwald, Vevey und Oberhofen am Thunersee tätig.

Mit 20 Jahren lernte ich Oskar Bucher vom Sennhus in Dagmersellen kennen. Am 21. Mai 1960 gaben wir uns in der Kirche Mariazell das Ja-Wort. Im Jahr 1961 kam Beat und zwei Jahre später Peter zur Welt. Mit diesen zwei lebhaften Buben ging ich oft ins Sennhus zum Hof der Schwiegereltern. Dort konnte ich auf dem Feld mithelfen und die zwei Knaben konnten sich so richtig austoben.

Als Hausfrau und Mutter wurde ich von den beiden Buben oft gefordert, fand aber auch Befriedigung in meiner Aufgabe. Mit Genugtuung und Stolz beobachtete ich, wie unsere beiden Söhne die Schulzeit meisterten, zu jungen Männern heranwuchsen und sich zu erfolgreichen Berufsleuten ausbildeten. Beide betätigten sich als aktive Fussballer, engagierten sich daneben aber auch ehrenamtlich während vielen Jahren in der Vereinsarbeit.  

Mit bald 50 Jahren erfüllte ich mir einen Jugendtraum und erlernte das Handörgeli-Spielen. Bei den Proben und Anlässen des Handharmonika-Clubs erlebte ich manch fröhliche und gesellige Stunden. Daher war es selbstverständlich, dass wir 1989 beim Zentralschw. Jodelfest mitmachten und unterstützten. Zwei Jahre später besuchten wir mit einer grossen Delegation das nächste Jodelfest in Engelberg. Wir erlebten auch hier ein wunderschönes Fest. Doch für Oskar war es die letzte Reise, er verstarb viel zu früh. Mit viel Mut, Kraft und Gottvertrauen konnte ich diesen schweren Schicksalsschlag annehmen und verkraften.»

Soweit die eigenen Aufzeichnungen von Grosi Marie. Dass diese bereits vor 30 Jahren enden, zeigt, dass der frühe Tod ihres Gatten Oskar ein sehr einschneidendes Erlebnis in ihrem Leben war. Es dauerte Monate, bis sie diesen Schock überwinden konnte. Erst mit der Zeit hat sie ihr heiteres Wesen und ihre positive Lebenseinstellung wieder gefunden. Mit dazu beigetragen hat die Tatsache, dass sie in den folgenden 20 Jahren sechsmal Grossmutter wurde. Wir Enkelkinder standen sehr oft im Kontakt mit Grosi und unterstützten sie im Haushalt oder bei anderen Tätigkeiten im Alltag. Aber auch die Nachbarskinder an der Baselstrasse waren oft zu Besuch und bereiteten ihr viel Freude und Abwechslung.

Bis ins hohe Alter war Grosi gerne und oft mit dem Velo unterwegs. So radelte sie auch nach dem Tod von Oskar während vielen Jahren bei Wind und Wetter beinahe täglich ins Sennhus, um ihre Schwägerin Klara und ihren Schwager Gottfried bei der Hausarbeit zu unterstützen. Auch für ihre Besorgungen und teilweise weiten Ausflüge nutzte sie ihr Fahrrad. Das riesige Pensum an Arbeit verrichtete Grosi immer ohne Meckern, sie liebte aber auch die Geselligkeit. Jahrelang war sie aktive Spielerin und Vorstandsmitglied des Handharmonika-Clubs und später bei den Oldies. An Treffen der Verwandtschaft oder fröhlichen Anlässen blühte sie jeweils richtiggehend auf. Auch die Pflege alter Bekanntschaften aus jungen Mädchenjahren war ihr wichtig.

Im Gegensatz zum eher introvertierten Oskar war Grosi Marie sehr kommunikativ und offen. Es fiel ihr nicht schwer, Kontakte zu knüpfen und mit anderen Leuten ins Gespräch zu kommen. Sie trug ihr Herz auf der Zunge und sagte immer, was sie dachte. Ihre Art, sich mitzuteilen mündete zuweilen in schonungslose Direktheit oder Impulsivität. Überhaupt war Grosi Marie zeitlebens voller Energie, initiativ und lebhaft. Aber die bemerkenswerteste Eigenschaft war ihre Hilfsbereitschaft. Sie packte jederzeit an und half allen, die Unterstützung benötigten. Überall, wo sie gelebt hat, war sie die gute Seele. Ihre eigenen Bedürfnisse stellte sie immer hintenan. Sie diente selbstlos und half ihr ganzes Leben lang – und sie hätte wohl ihr «letztes Hemd vom Füdli» weggegeben.

Ihre Lebensanschauung gründete auf einem tiefen Glauben an Gott. Auch schwere Schicksalsschläge wie der Tod von Oskar oder ihr Krebsleiden erschütterten ihre Überzeugung nicht. In schwierigen Situationen bat sie jeweils das Frauenkloster St. Andreas in Sarnen um Beistand. Mit der früheren Äbtissin, Schwester Pia, war sie regelmässig im Austausch.

Wofür Grosi Marie aber wohl am meisten bekannt war, sind ihre legendären Lebkuchen. Viele Verwandte und Bekannte kamen während vielen Jahren jeweils zum Geburtstag in den Genuss des Gebäcks. Auch bei anderen Gelegenheiten liess es sich Grosi nicht nehmen, einen Lebkuchen zu backen. Kurz vor ihrem Tod hat sie mal vorgerechnet, dass sie in den vergangenen 60 Jahren wohl gegen 10 000 Lebkuchen produziert hat. Diese Tatsache brachte ihr den Spitznamen «Läbchueche-Marie» ein.

Liebs Grosi, du warst ein einzigartiger Mensch! Die Spuren deines Lebens werden uns immer begleiten: Gedanken, Erinnerungen, Augenblicke und Gefühle. Wir werden dich nie vergessen.

Deine Grosskinder