Nachruf

26. August 2021

Josef Marti-Wicki

Grosswangen

Vati wurde am 7. Dezember 1931 auf dem Hof in Wüschiswil, Grosswangen, geboren und wuchs mit fünf Geschwistern auf. Als Jugendlicher in den damaligen Kriegsjahren war tatkräftige Mithilfe auf dem elterlichen Hof eine Selbstverständlichkeit. Trotz der strengen Hofarbeit konnte er nach der Primarschule die Mittelschule in Willisau besuchen. Danach entschloss er sich, Landwirt zu werden. Nach einem Praktikum auf dem Schlosshof in Brunegg besuchte er die Landwirtschaftliche Schule und die Fortbildungskurse in Willisau sowie Holzbearbeitungskurse. 

Im Kirchenchor lernte Vati Maria Wicki vom Winkel näher kennen und lieben. Sie heirateten und gründeten eine grosse Familie. Zukunftsorientiert erweiterte er den landwirtschaftlichen Betrieb mit mechanischer Werkstatt und Wagenschopf. Aus dem gelernten Landwirt wurde ein geschickter Mechaniker und Unternehmer, später auch ein leidenschaftlicher Handelsmann. Mit dem wachsenden Maschinenpark konnte er seinen Erfindergeist und sein technisches Geschick optimal einsetzen. Auf die Ballenpresse war er besonders stolz. Sein Einsatzradius erstreckte sich von der Luzerner Allmend bis ins Bernbiet. Nicht nur die schweren Maschinen begeisterten ihn, auch kleinere Geräte wie Fotoapparate, Spulen­tonbänder und Küchengeräte, später auch Computer. Im Dorf kannte ihn jeder, denn über viele Jahre war Vati für diverse Gemeindearbeiten zuständig. Mit dem Umherkommen packte ihn eine neue Leidenschaft: Als kontaktfreudiger, erfinderischer Mensch fand er immer wieder Objekte, die man noch verwenden oder funktionstüchtig machen konnte. Mit dem An- und Verkaufen von Maschinen, Werkzeugen und Ersatzteilen wurde er ein begeisterter Handelsmann. Mit all diesen Tätigkeiten veränderte und entwickelte sich das Leben im Winkel. Die Familie erweiterte sich mit Partnern und Partnerinnen, Grosskindern und Urgrosskindern. Im Jahre 1986 baute er mit Muetti das Stöckli. Das neue Daheim blieb Treffpunkt für traditionelle Familienfeste. Beim Zusammenkommen im Winkel wurde oft über weltpolitische Themen diskutiert. Diese Gespräche waren bereichernd, insbesondere, wenn nicht alle derselben Meinung waren. Nebst seinen Tätigkeiten fand Vati auch Zeit für Hobbys: Er war ein ausgezeichneter Schütze; zahlreiche Kränze und Pokale beweisen, dass er oft ins Schwarze getroffen hat. Vati gewann nebst vielen anderen Trophäen über 25 Mal die Jahreskonkurrenz der Feldschützen Grosswangen. Einige Jahre amtierte er auch als Präsident den Schützenverein. Mit seiner Pensionierung entdeckte er das Velofahren. Die legendärste Veloreise trat er im Alter von 82 Jahren an, als er mit seinen Kameraden den Jakobsweg von Genf bis nach Santiago de Compostela in Spanien bestritt. Das Velofahren war für ihn mehr als Sport; es war geselliges Zusammensein, die Welt entdecken und Abenteuer erleben. Das Turnen, Schwimmen und Wandern waren weitere sportliche Aktivitäten, die ihm viel bedeuteten und ihn bis ins hohe Alter fit hielten. Auch Musik begleitete ihn überall hin. Er sang sehr gerne, was leider nach einem Autounfall nicht mehr möglich war, da er danach durch seine heisere Stimme lebenslänglich eingeschränkt war. Später begann er Schwyzerörgeli zu spielen, so konnte er glücklicherweise wieder Musik machen und mit seinen Örgeli-Kollegen einige freudige Auftritte bestreiten. Vati blieb neugierig bis zuletzt; die frühe Anschaffung eines Computers begeisterte ihn technisch und ermöglichte ihm Recherchen für all seine zahlreichen Interessen zu tätigen. 

Als Muetti im Jahr 2014 starb, gab es für ihn eine grosse Wende. Innert kurzer Zeit lernte Vati kochen und haushalten. Ganz seinem technischen Interesse entsprechend wurden die Gerätschaften im Haushalt aufgerüstet. Die letzten Jahre ohne seine Frau an seiner Seite hat Vati die Beziehungen zu seinen Kindern auf seine Weise gepflegt und viel aufgeholt, was früher nicht möglich war. Er konnte seine Liebe und Dankbarkeit seinen Kindern gegenüber immer mehr zeigen. Es waren kostbare schöne Momente für alle. Im Herbst 2019 bekam er eine schlechte Diagnose. Liebgewonnenes musste er loslassen. Mit dem Herzinfarkt im November 2020 gab es nochmals eine Wende, sodass ein Eintritt ins Betagtenzentrum Linde unumgänglich wurde. Vati hat sein Schicksal tapfer angenommen und dabei seinen Humor nie verloren. Im Betagtenzentrum fühlte er sich wohl, die herzliche Betreuung machte es ihm leichter, seine Krankheit zu ertragen. So sagte er oft: «Zueversechtlech si, hadere brengt nüt, dankbar si und di schöne Momänt gniesse». Wir lassen ihn nun weiterziehen und erinnern uns gerne an seine vorbildliche Schaffenskraft, seine Neugier, seine Geselligkeit, seine Weltoffenheit und seinen Humor. Wir danken Vati für alles, was er uns vorgelebt und ermöglicht hast.