Nachruf

19. November 2020

Ernst Meyer-Kumschick

Richenthal

Ernst war ein herzlicher und wohl­wollender Mensch. Er war gesellig und fröhlich und liebte das unbeschwerte Zusammensein. Er verstand es, jeden so zu nehmen, wie er war. Er verstand es, stets das Gute in jedem Menschen zu sehen und genau dies machte ihn bei Kindern und Frauen und Männern jeden Alters beliebt.

Ernst wurde am 23. November 1931 geboren und war das sechste Kind der Eheleute Emma und Josef Meyer-Duss vom Chilchlichof in Grosswangen.

Er wuchs zusammen mit vier Brüdern, Sepp, Hans, Walter und Franz, sowie drei Schwestern, Helen, Dorli und Margrit, gleich neben der Muttergotteskapelle Oberroth auf. Es muss eine glückliche Zeit gewesen sein, da oben auf dem Hof. Die Verbundenheit zu seinen Geschwistern pflegte Ernst ein Leben lang und Freundschaften aus der Schulzeit, erwähnt sei hier Heiri, hielten bis zu seinem Tod.

Nach der obligatorischen Schulzeit in Grosswangen ging Ernst nach Courgenay ins Welschland. Dort fasste er den Entschluss, Metzger zu werden. In der Metzgerei Schnyder in Buttisholz fand er seine Lehrstelle. Da fuhr er mit dem Fahrrad regelmässig in die «Cheri» und half im angegliederten Bauern­betrieb kräftig mit, wenn zu wenig Arbeitskräfte zur Verfügung standen.

Später nahm er Arbeitsstellen in Weggis, Reiden, Wädenswil, Gstaad und Zofingen an und führte später in Aarburg und nochmals später in Zofingen eine eigene Metzgerei. Zusammen mit seinem Neffen führte er die Metzgerei in Hitzkirch und Beromünster, wechselte danach zum Coop Wiggertal, wo er dann auch in die wohlverdiente Pension ging.

Mit 20 Jahren rückte Ernst in die Kavallerie RS in Aarau ein, zuerst als Küchenordonanz, später als Küchenchef. Die Treue zum Kavallerieverein war für ihn zeitlebens selbstverständlich.

1958 heiratete Ernst Olga Kumschick. 1960 kam die Tochter Gabriela zur Welt. Als 1966 sein Sohn Jörg geboren wurde, schien das Glück perfekt. Aber nur zwei Tage nach seiner Geburt erlitt Jörgli eine so schwere Hirnblutung, dass er rund um die Uhr auf die Pflege seiner Eltern angewiesen war und bereits im Alter von 7 Jahren starb.  Zusammen mit seiner Frau Olga und Tochter Gabriela hat die Familie diesen schweren Schicksalsschlag gemeistert.  

Eine grosse Freude hatte Ernst, als er 1987 seinen Traum vom eigenen Haus am Cheleweg in Richenthal verwirklichen konnte. Hier konnte er nun auch eines seiner Hobbys pflegen. Naturverbunden hegte und pflegte er seinen Garten, was ihm mit seinem «grünen Daumen» bestens gelang. Ernst war ein exzellenter Koch und zusammen mit seiner Frau Olga ein grosszügiger Gastgeber. Legendär bleibt das Weihnachtsessen, auf das wir uns stets riesig gefreut haben. Uns läuft heute noch das Wasser im Mund zusammen, wenn wir an Schweinsbraten, Rindsbraten, Kalbsbraten, Poulet, Pommes frites, Bohnen und an die Vacherin Torte vom «Arnold Beck» denken.  

Ernst war ein interessierter, lebensfreudiger und unternehmungslustiger Zeitgenosse. Er war heimatverbunden und dennoch weltoffen. Gerne reiste er in fremde Länder und Städte. Italien, Spanien, Mallorca, Singapur, Thailand, Venedig, Griechenland, Schweden und Finnland zählten zu seinen Destina­tionen, und nach Olgas Tod besuchte er mit seiner Schwester Margrit die Tochter Gabriela in Mexiko. 

Der frühe Tod seiner Frau Olga war für Ernst eine schmerzliche Zäsur. Ernst war damals erst 68 Jahre alt. Gejammert hat er nie. Er hat es verstanden, das Beste aus seinem Leben zu machen.  

Eine wichtige Rolle, neben seiner Tochter Gabriela, Schwiegersohn Clemens und seiner Schwester Margrit spielten dabei die Waldmannen, eine Wander- und Radlergruppe, die auch regelmässig als Nothelfertruppe in Erscheinung trat. Bei einem Treffen im «Lamm» beschlossen Hans Purtschert, Guido Kneubühler, Franz Hunkeler und Ernst monatlich eine Wanderung zu organisieren. Die Reisen führten sie in die schönsten Gegenden der Schweiz. Damit Ernst trotz einer gefährlichen Virusinfektion an den wöchentlichen Höcks dabei sein konnte, wurden die Treffen an den Cheleweg 9 verlegt. Die Gruppe, die in der Zwischenzeit auf acht Personen anwuchs, bedeutete Ernst sehr viel. Noch bei Besuchen im Altersheim Feldheim erzählte uns Ernst von den vielfältigen und abwechslungsreichen Ausflügen. Ein Ereignis blieb ihm ganz besonders im Gedächtnis haften. Anlässlich einer Einladung an der Eishockey-Weltmeisterschaft in Bern gelang es Hans Purtschert und Ernst nämlich in den VIP-Bereich zu gelangen, sich am grossartigen Buffet zu verpflegen und schlussendlich in der Loge zusammen mit den Bundesräten Samuel Schmid, Adolf Ogi, Stadtpräsident Alexander Tschäppät und weiteren Grös­sen aus Wirtschaft, Politik und Sport Platz zu nehmen. Darüber konnte er auch Jahre danach herzlich lachen und sich freuen.

Ernst war bei unseren Familienfesten stets dabei. Er gehörte einfach zu uns und wir liebten ihn. Wir liebten seine sympathische Art und seinen Humor. Wenn wir ihn in seinem Zuhause in Richenthal besuchten, waren wir uns einig, wir wollten unbedingt das sagenhafte Weihnachtsessen noch einmal aufleben lassen. Ein Hirnschlag hat dieses Vorhaben jäh verhindert. Ernst musste sein geliebtes Zuhause verlassen und ins Alters- und Pflegezentrum Feldheim in Reiden eintreten.

Was dann folgte, war erstaunlich. Sein Geist war bald wach. Sein Körper gelähmt und auf Hilfe angewiesen. Er hatte nur gute Worte für die Pflegenden und blieb schlagfertig und humorvoll bis zuletzt. Er selber meinte: «Gut, dass ich hier sein kann. Stell dir vor, ich wüsste nicht, wie dies Zuhause gehen könnte.»

Seine Verwandten, Nachbarn und Wanderfreunde hielten ihm auch im «Feldheim» die Treue. Und dann kam er ins Schwärmen. Essen und Trinken wurden zur Nebensache. Er lebte von seinen Erinnerungen und Erlebnissen. Mit Freude und Stolz erzählte er uns Geschichten von jenen Menschen, die sein Leben bereichert hatten. 

Trotz der professionellen und liebevollen Pflege im «Feldheim» verliessen ihn nach und nach seine Kräfte. Er erholte sich zwar nochmals von einer Lungenentzündung und hätte gerne noch Gabrielas 60. Geburtstag miterlebt. Aber die Einsamkeit während des coronabedingten Lockdowns raubten Ernst den letzten Lebensmut. Am 3. April ist er für immer eingeschlafen.   

Lieber Ernst, wir sind alle sehr traurig über deinen Tod und überaus dankbar für alles, was wir mit dir erleben durften. Du warst ein wunderbarer Mensch.

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