Nachruf

14. Mai 2021

Ella Meier-Festl

Ella Meier-Festl
Gettnau

Im kleinen Dorf Mellach, in der südlichen Steiermark, wurde unser Mueti, Ella Meier-Festl, am 10. November 1927 geboren. Das einfache bäuerliche Leben prägte sie in vielen Dingen. Sie war sich gewohnt von klein an mitanzupacken. Ihre Kindheit und Jugend verbrachte sie zusammen mit ihren zwei Brüdern Josef und Herbert. Die Zeit vom Zweiten Weltkrieg hat auch in dieser Region Spuren hinterlassen. Besonders schmerzhaft war es für Mueti, dass ihr Bruder Josef nicht mehr aus dem Krieg heimkehrte. In der wirtschaftlich schwierigen Zeit nach dem Krieg suchte sie eine Stelle in der Schweiz und fand in Knutwil eine Anstellung als Dienstmädchen. Hier lernte sie ihren zukünftigen Mann Josef Meier kennen, welcher bei einem Bauern als Karrer arbeitete. In dieser Funktion war er zuständig für die Pferde und den Transport der verschiedensten Waren auf dem Hof. Die beiden jungen Leute fanden schon bald zueinander und am 1. August 1953 heirateten sie in der Wallfahrtskirche Hergiswald.

Ein grosser Glücksmoment war 1954 die Geburt von Seppi. Kurz darauf starb Ellas Mutter in Österreich. Da ihr Vater und der noch minderjährige Bruder Herbert auf sich allein gestellt waren, beschloss die junge Familie Meier nach Mellach zu übersiedeln und den kleinen Landwirtschaftsbetrieb zu übernehmen. In den Jahren 1956 und 1962 kamen die Kinder Marianne und Juli auf die Welt. Nach dem Tod von Ellas Vater im Jahr 1966 zog die fünfköpfige Familie wieder zurück in die Schweiz.

Zuerst wohnte man bei Tante Anna auf dem Buchserberg. Später, als Ellas Ehemann eine Stelle als Wegmacher beim Kanton fand, zog die Familie nach Zell. 1969 schliesslich bot sich die Gelegenheit, in Gettnau ein Einfamilienhaus zu kaufen. Hier fühlte sich Mueti so richtig wohl: Der Platz für die Familie, die lieben Nachbarn, der grosse Garten, die Kaninchen – das alles war ganz nach ihrem Geschmack.

Die nächsten Jahre hatten ihre Sonn- und Schattenseiten. Einerseits bereitete ihr Vatis Herzinfarkt im Jahr 1973 viel Kummer und Sorgen, andererseits kam mit Enkel Mario wieder neues Leben ins Haus. Die Unterstützung bei der Betreuung ihres Enkelsohns übernahm Ella mit viel Hingabe und Freude. Auch die Hochzeit von Rosmarie und Seppi und die Geburt von Florian waren ganz besondere Glücksmomente für Mueti. Sie war sehr stolz auf ihre Familie und freute sich auch später immer wieder über die regelmässigen Besuche.

So vergingen viele schöne Jahre bis 1990 ein schwerer Schicksalsschlag eintraf. Im Alter von 62 Jahren verstarb unser Vati ganz unerwartet. Als wäre dies nicht schon genug, musste die Familie ein Jahr später auch von Seppi Abschied nehmen. Wie schon sein Vater, starb auch er an Herzversagen. In dieser schwierigen Zeit waren enge Verwandte, Freunde und Nachbarn eine wichtige Stütze, die Ella dankbar annahm. So schwer Mueti auch an diesem Verlust trug, sie verlor nie ihr Vertrauen an das Gute. Im Glauben fand sie Kraft und Trost. Sie schaute immer vorwärts. Mit der Teilzeitbeschäftigung als Reinigungskraft bei der Stiftung Brändi fand sie eine neue Aufgabe. In dieser Zeit konnte sie schöne, neue Kontakte knüpfen.

Nach ihrer Pensionierung genoss sie weiterhin die Unabhängigkeit im eigenen Haus. Im grossen Garten verbrachte sie unzählige Stunden. Die reichhaltige Ernte von Gemüse und Früchten bereitete nicht nur ihr, sondern auch ihren Angehörigen, Gästen und den Nachbarn grosse Freude.

Nach und nach wurde ihr die Arbeit, die das Haus und der Umschwung mit sich brachten, aber dann doch zu viel. Als im Block an der Niederwilerstras­se eine Wohnung frei wurde, ergriff sie diese Gelegenheit. Sie lebte sich schnell in der neuen Wohnung ein und verlor auch den Kontakt zu den früheren Nachbarn nicht. Dank der liebevollen Betreuung von Tochter Marianne konnte sie hier noch einige Jahre sehr eigenständig leben.

Mit der Zeit machten sich ab und zu kleinere gesundheitliche Probleme bemerkbar. Erst im März dieses Jahres musste man sich ernsthaft Sorgen machen. Es schien, dass sie die Folgen einer Magenblutung nicht überleben würde. Aber Mueti überraschte uns wieder einmal mehr und stand auch diese Krise fürs Erste durch. Vermutlich zehrte das Ganze dann doch mehr an ihren Kräften als man ahnte. Während der Erholung im Pflegeheim Wald­ruh schlief sie am 27. März für immer ein.

Was wird uns von Ella Meier-Festl besonders in Erinnerung bleiben?
Vielleicht ist es ihre lebenslange Verbundenheit mit ihren steirischen Wurzeln? Wie freute sie sich, wenn ihre Tante Flora mit der kleinen Anni zu Besuch kam oder ihre Cousine Anni für ein paar Tage zu ihr in die Ferien kam. Wann immer möglich, reiste Mueti jedes Jahr in die alte Heimat in die Steiermark. Diese Ferien mit dem Schwager Hugo und seiner Frau Liska zusammen mit Marianne hatten einen festen Platz im Jahreskalender. Kehrte die Vierergruppe wieder aus den Ferien zurück, dann strahlte Ella so sehr, dass man merkte, der gute Kitt in dieser Reisegruppe und die wunderbaren Erlebnisse waren fast nicht mehr zu überbieten.

Ein besonderer Wesenszug war ihre Güte und Grosszügigkeit. Dadurch, dass sie früher selbst sparen musste, wusste sie, was dies bedeutete. Sie hatte immer ein offenes Herz für Menschen in Not.

Einen besonderen Platz in ihrem Herzen hatte sie auch für Kinder. Seien es die eigenen Kinder und Enkel oder auch die Nachbarskinder. Wie oft durfte man auf sie zählen, wenn man Hilfe brauchte. Mit ihrer mütterlichen Art konnte sie die Herzen von Kindern schnell erobern und einem Wunsch aus einem kleinen Kindermund konnte sie fast nicht widerstehen. Über die Geburt ihres ersten Urgrosskindes, Benjamin, dem Sohn von Tamara und Dani, freute sie sich riesig.

Besonders in Erinnerung bleiben wird uns auch ihre Geselligkeit. Sie hatte sehr gern Menschen um sich. Ob im Frauenverein oder auch bei den Senioren, sie war sehr kontaktfreudig und mit ihr zusammen ging es immer lustig zu und her.

Ein Highlight waren für sie die Lottomatches, bei welchen sie regelmässig das Glück herausforderte. Und kaum einmal kam sie mit leeren Händen nach Hause zurück.

Gute Nachbarschaft war ihr sehr wichtig! Es war ein beidseitiges Geben und Nehmen in der Ecke des unteren Niederwilerstrasse-Quartiers. Man half sich so gut man konnte und hatte immer ein Wort übrig füreinander. Nicht selten sagte das Quartiergrosi: «Chomm chorz cho es Kafi näh.» Aus dem «kurz» wurde bei Ella immer «lang». Man konnte ja nicht nur auf einem Bein stehen, wie sie sagte. Und mindestens drei bis vier Rummy-Spielrunden gehörten auch immer noch dazu.

Trotz aller Trauer, die der Abschied von Ella Meier mit sich bringt, sind wir von Herzen dankbar für alles, was sie uns über all die Jahre gegeben hat. Gerne werden wir Mueti als grossherzige, liebevolle Frau in Erinnerung behalten.