Das Stimmvolk will sparen - wo, ist unklar

54 Prozent der Luzerner Stimmberechtigten haben am 21. Mai die Erhöhung des Steuerfusses auf 1,7 Einheiten abgelehnt. Um ein differenziertes Bild von den Gründen zu erhalten, hat der Regierungsrat den Urnengang analysieren lassen. Jetzt liegt das Ergebnis vor.

Regierungsrat Guido Graf nimmt Stellung zur Abstimmungsanalyse. Video zvg
Monika Wüest

Das Politikforschungsinstitut gfs.bern hat 1000 Telefoninterviews mit einer repräsentativen Auswahl von Stimmberechtigten geführt und ausgewertet.

Demnach hatte die Stimmbevölkerung aus ihrer Sicht genügend Informationen für ihre Meinungsbildung. Die Vorlage hat überdurchschnittlich viele behördenkritische Personen mobilisiert. Inhaltlich scheiterte sie auf drei Ebenen: Erstens bestanden Zweifel, ob es die Steuererhöhung wirklich brauche. Zweitens stand hinter dem Nein Kritik an der Finanzpolitik der letzten Jahre. Drittens verknüpfte sich mit dem Nein der Wunsch, anstelle einer Steuererhöhung auf der Ausgabenseite zu sparen. Eine Neuverschuldung steht für die Mehrheit der Befragten nicht zur Diskussion.
 
Weniger klar ist, wo die Befragten sparen würden. Die Bevölkerung lehnt Ausgabenkürzungen in fast allen Bereichen mehrheitlich ab, am deutlichsten bei Berufsbildung, Volksschulbildung, öffentlicher Sicherheit, Behinderten, Gesundheitsversorgung und Umwelt. Weniger deutlich ist die Ablehnung von Ausgabenreduktionen im Bereich Kultur, Strassenbau, Landwirtschaft, Sozialversicherungen und öffentlicher Verkehr. Ein mehrheitlicher Sparwille ist einzig dort erkennbar, wo keine Auswirkungen auf die Bevölkerung erwartet werden (allgemeine Verwaltung) oder Minderheiten betroffen sind (Asylwesen).
 
Politik der kleinen Schritte
Der Regierungsrat teilt mit, er nehme die Kritik an der Finanzpolitik von Regierungsrat und Parlament sehr ernst. Es sei nicht gelungen zu zeigen, dass mit dem Ausgabenwachstum ein vorgegebenes Mengenwachstum finanziert werde, vor allem im Gesundheitswesen, in der Hochschulbildung und im Sozialen - Leistungen, die direkt der  Bevölkerung zugute kämen. Ein Wachstum der Einnahmen finde zwar auch bei gleich bleibendem Steuerfuss statt, aber nicht im selben Ausmass. Die Schere zwischen Ausgaben und Einnahmen habe sich so weit geöffnet, dass Korrekturen dringend nötig seien.

Der Regierungsrat setze bei dieser Ausgangslage auf Kompromisse auf der Einnahmen- und Ausgabenseite und auf eine Politik der kleinen Schritte. Er interpretiert die Abstimmungsanalyse nicht zuletzt als Auftrag, finanzpolitische Sachverhalte und Entscheidungen besser als bisher zu erklären und zu begründen.
 
Weiteres Vorgehen
Konkrete Erkenntnisse aus der Abstimmungsanalyse werden laut Regierungsrat bereits im Herbst berücksichtigt. Im Rahmen des Aufgaben- und Finanzplans 2018-2021 müssen ab 2019 die Mittel, die infolge Ablehnung der Steuerfusserhöhung fehlen, nachhaltig kompensiert werden ‒ rund 65 Millionen Franken jährlich. Die Abstimmungsanalyse gibt wichtige Hinweise auf das politisch Machbare und das kommunikativ Notwendige. Der Kantonsrat wird den AFP 2018-2021 in seiner Dezembersession beraten.

 

Abstimmungsanalyse des gfs

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